Die Burg war fast zum Greifen nahe.
Würde ich hier wirklich mehr über das Geheimnis der Unsterblichkeit erfahren?
Vielleicht.
Doch zunächst galt es, den Aufstieg zu schaffen.
Der Weg führte uns durch einen Torbogen und bescherte uns dort einen weiteren Weggefährten.
Ein mittelgroßer Mann fragte uns, ob wir aus der Gegend sind.
Jespar und ich verneinten, doch wir hatten auch keine große Lust, uns mit dem Mann auseinander zu setzen.
Abgesehen davon hatte ich auch keine Zeit – Tahn ging es wirklich schlecht.

Der Mann sprach uns weiterhin an, fragte uns, wem diese Burg gehört.
Ich fragte mich, ob er uns überhaupt zugehört hatte, doch es war mir egal.
Mir war es wichtiger, Tahn zu stützen.
Er war sehr warm und er schwitzte stark.
Vermutlich waren die Verletzungen wirklich nicht gut behandelt worden.
Und sowas nannte sich dann Heiler?
Das war auf jeden Fall, was wir brauchten… Einen Heiler. Und zwar einen guten.

Wir liefen weiter über den steinernen Weg, der immer steiler wurde und uns bald zu einem Metall-Tor führte.
Auf dem Weg hörte ich zwei bekannte Stimmen: Die von Galador und dem Mann mit dem Hammer.
Sie waren also auch hier gelandet… Nur warum?
Ob sie wohl auch ein paar Abenteurer getroffen hatten und einfach neugierig waren?
Oder führte sie etwas anderes hierher?

Ich hatte keine Zeit, die beiden zu begrüßen, denn Tahn kippte zwischendurch immer wieder zur Seite und ich hatte Schwierigkeiten, gleichzeitig meinen Bogen, die Tasche und Tahn festzuhalten.
Außerdem beschwerte Tahn sich ab und zu immer über seine Schmerzen und über die Hitze.
„Was ist denn mit ihm?“, fragte Jespar zwischendurch.
„Hat er zwei Kugeln abbekommen… Glaube ich haben sie nicht gut gekümmert um Wunde.“, versuchte ich zu erklären.
Das Tor zur Burg war glücklicherweise offen.
„Ist nicht mehr weit, Tahn.“, versuchte ich ihn zu ermutigen.
Das hatte ich schon so oft gesagt… Glaubte er es mir überhaupt?
„Anastasya?“, vernahm ich auf einmal eine vertraute Stimme.
Ich hob den Blick.
Es war Lynx und sie kam gerade aus dem Tor heraus auf uns zu.
Was machte sie denn hier?
Ich freute mich sehr, sie zu sehen.

Hinter ihr tauchte eine weitere Person auf, die ich schon ein paar Mal gesehen hatte.
Es war der Mann mit der weißen Kleidung.
Der, der offensichtlich mit Enres befreundet war, denn sie trugen die gleiche Kleidung.

Die beiden kamen uns entgegen und nahmen mir Tahn ab.
Schwer atmend folgte ich ihnen.
„Wir brauchen Heiler.“, erklärte ich keuchend.
„Was ist denn passiert?“
Auch die umstehenden, fremden Leute wurden schnell aufmerksam und neugierig.
„Er hat Verletzung.. Glaube ich haben sie sich nicht gut gekümmert.“

Hinter dem Tor gab es zwei Wege. Einer führte nach rechts, der andere nach links.
Der linke Weg führte zwar recht steil hinauf, doch es sah so aus, als würde nur dieser Weg in die Burg hinein führen.
Und ich vermutete, dass wir dort am Ehesten einen Heiler für Tahn finden würden.

Wir liefen also nach links, schleppten uns den steilen Abschnitt des Weges hinauf. Doch es war anstrengender als gedacht.
„In die Taverne.“, schlug Lynx auf einmal vor.
Ich blickte mich um.
Taverne?
Was für eine Taverne?
Lynx und der Freund von Enres deuteten nach links.
Dort war eine große, grüne Tür.
Sie öffneten die Tür und es ging direkt eine Treppe hinab.
Hier befand sich tatsächlich eine Taverne.

Wir schleppten Tahn die Treppe hinab und führten ihn an den neugierigen Menschen vorbei in den zweiten Raum der Taverne.
„Heiler? Ist hier ein Heiler?“, riefen wir abwechselnd, bis jemand reagierte.
Wir brachten Tahn zu einem Tisch und lehnten ihn halb darauf.
So mussten wir ihn nicht mehr stützen und ihm konnte nichts passieren.

Einige Schaulustige sammelten sich und wollten wissen, was passiert ist.
Ich versuchte es zumindest dem Heiler zu erklären.
„Ich glaube Wunden wurden nicht gut behandelt…. Hat er Kugeln abbekommen.“
Einige der Umstehenden wirkten daraufhin sichtlich schockiert.
Vermutlich hatten sie Marder noch nicht kennengelernt.
Das war wahrscheinlich auch gut so.

„Oh, Anastasya. So sieht man sich wieder.“, erklang auf einmal eine Stimme hinter mir.
Ich drehte mich um, was sich in dem vollen Raum als wirklich schwierig erwies.
Doch dann erkannte ich den, der mich da angesprochen hatte.
Es war Halfdan, der Nordmann, den ich vor sieben Monden auf Burg Grenzstein getroffen hatte.
Der Mann, der mich mit Gin und Kirren bekannt gemacht hatte.
Gin…
Ob er darüber Bescheid wusste, dass Gin tot war?
„Halfdan!“, begrüßte ich ihn.
Es freute mich, ihn wieder zu sehen.
Ein Mann, der ebenfalls aus dem Norden kam und meine Götter kannte.

Doch ich wollte erst einmal meine Sachen ablegen.
Die Äpfel hatte ich zum Glück schon Tahn gegeben, aber alles weitere tat mir nun weh.
Ich wollte Bogen, Köcher und Tasche unbedingt loswerden.
„Lynx, was ist das für Ort? Kann man hier schlafen?“, fragte ich nach.
Auch Jespar stand noch bei uns und wollte ebenfalls wissen, wo man hier schlafen konnte.

„Es gibt hier Zimmer. Ich kann dir unseres zeigen.“, erklärte sie mir. Dann wand sie sich an den Freund von Enres.
„Einarr, passt du auf Tahn auf? Ich zeige ihr unser Zimmer.“
Einarr war also sein Name. Ich hatte ihn schon einmal gehört, aber wieder vergessen.
Ich versuchte, ihn mir jetzt zu merken.

Ich folgte Lynx den steilen Weg hinauf bis zum Innenhof der Burg.
Hier waren noch nicht viele Personen zugegen, aber es war auch schon ziemlich dunkel.
Außerdem verirrten sich vermutlich nicht allzu viele Leute an diesen Ort.

„Wir mussten vorhin für das Zimmer bezahlen. Ein Kupfer. Hier läuft so ein buckliger Mann mit langen Haaren herum.“, erklärte sie mir.
Jespar folgte uns in die Burg herein.
Und hier stand auch schon der Mann, auf den die Beschreibung passte.
Lange Haare traf es allerdings nicht ganz, denn er hatte zusätzlich noch eine Halbglatze – der vordere Teil seines Kopfes war kahl.
Außerdem trug er einen Kerzenleuchter mit sich herum.

Ich wollte das Kupfer ungern bezahlen, also lief ich einfach an dem Mann vorbei.
Zuerst schien es ganz so, als würde er mich passieren lassen, doch dann rief er nach mir.
„Werte Dame, wartet.“
Ich blieb stehen:
Jetzt zu laufen brachte nichts, denn er würde sich ohnehin an mich erinnern.
Und wenn er der Verwalter der Burg war, dann würde ich ihn sicherlich wiedersehen.

„Seid Ihr geladen?“, fragte er mich.
Geladen?
Was meinte er damit?
„Wohin geladen?“, gab ich sofort zurück.
„Na, zum Ball.“
Er musterte mich.
Ich schüttelte den Kopf.
„Njet. Kann ich auch nicht tanzen.“
„Dann müsstet ihr ein Kupfer bezahlen…. Für Zimmer, Speis und Trank.“
Ich blickte ihn an. Das, was Lynx bereits angekündigt hatte.
„Aber Tanzen kann man lernen.“, fügte der bucklige Mann noch hinzu.
Ich kramte eine Kupfermünze aus meinem Beutel und reichte sie ihm.
„Ah, könnt Ihr mir beibringen?“, fragte ich.
Der Mann grinste. Erst jetzt sah ich ihm in die Augen. Sie sahen seltsam weiß aus.
„Natürlich, wir können ja mal gemeinsam üben.“, erwiderte er dann und lachte trocken.
Es war mir nicht wirklich geheuer.

Aber meine Schuldigkeit hatte ich getan, also drehte ich mich um.
Jespar schien noch mit dem Mann verhandeln zu wollen.
Vermutlich wollte er sein Kupfer nicht an so einen Ort verlieren, das konnte ich verstehen.
Aber mir war es erst einmal wichtiger, ein Zimmer zu haben und meine Sachen ablegen zu können.
Ich folgte also Lynx.
Im Flur direkt hinter der Eingangshalle stand der Mann mit dem Hammer.
„Anastasya. Das mit dem Grüßen habt Ihr noch nicht so gelernt, oder?“, fragte er etwas spöttisch.
Ich war mir nicht sicher, ob er wirklich sauer war oder sich nur über mich lustig machte.
So oder so schien er mich nicht sonderlich zu mögen.
„Tut mir Leid.“, entschuldigte ich mich schnell. „Musste mich um Tahn kümmern.“
„Hab ich gesehen.“, antwortete er, drehte sich um und verschwand um die nächste Ecke.

Nachdenklich sah ich zu Lynx. Sie zuckte mit den Schultern.
„Zum Zimmer?“, fragte ich und sie nickte.
Es ging zwei Treppen hinauf bis in einen Flur.
Dort führte sie mich in das dritte Zimmer auf der rechten Seite.

Es war ein recht geräumiges Zimmer mit vier Betten.
Ich legte meinen Köcher und meinen Bogen ab.
In dieser Dunkelheit konnte ich ohnehin niemanden wirklich präzise treffen.
Da waren mir Axt und Schwert deutlich lieber.
Außerdem war ich ohne Bogen und Köcher schneller.
Die Tasche ließ ich ebenfalls in einer Ecke stehen.
„Wir sollten nach Tahn sehen, eh?“, fragte ich sie dann.
Sie stimmte mir zu.
Wir verließen das Zimmer wieder und kamen im Vorraum der Burg an.
Eigentlich wollten wir ja zurück zur Taverne, doch Tahn lag bereits hier.
Scheinbar hatten sie ihn bis hierher gebracht.
Er lag auf einem Tisch und einige Personen standen um ihn herum.
„Tahn! Haben sie sich gekümmert?“, fragte ich und sah mich um.
Ich wusste nicht mehr, welcher der Personen der Heiler war, an den wir Tahn in der Taverne abgegeben hatten.
Doch die Leute wollten unbedingt wissen, was passiert war.
Ich wiederholte also die Geschichte und erzählte ihnen, dass er angeschossen worden war und die Wunde scheinbar nicht ordentlich versorgt worden war.
„Wer war das?“, fragten sie dann direkt.
„Ist dieser nicht hier.“, gab ich zurück.
Marder war uns nicht gefolgt.
Und ich hoffte auch für Tahn, dass sich die beiden so bald nicht mehr begegnen würden.

Die Personen wirkten sichtlich erleichtert, dass der „Angreifer“ von Tahn nicht zugegen war.
„Ey… Ey du. Du hast mir geholfen, oder?“, fragte Tahn und richtete sich etwas auf.
Ich wollte ihn erst aufhalten, doch ich wusste, dass er seinen Heiler vermutlich nur bezahlen wollte.
Er nahm sich Kupfermünzen aus seinem Beutel und reichte sie dem Heiler.
Dann legte er sich wieder etwas zurück.
Doch er sah schon viel besser aus.
Hatte der Mann ihn magisch geheilt?
Ich war mir nicht sicher.
Es war nicht immer so eindeutig, ob ein Mensch nun ein Magier war oder nicht. Gerade bei Heilern.

Wir warteten noch etwas ab, doch Tahn war selbst der Meinung, wieder laufen zu können.
Er nahm sich noch einen Apfel aus der Tasche – spätestens jetzt würde wohl alles gut werden.
„Tahn wie viele Äpfel hast du noch?“, fragte ich ihn
Er zuckte mit den Schultern und lief in Richtung Ausgang.
Ich konnte nur hoffen, dass er noch so lange Äpfel hatte wie wir hier waren.
Ansonsten… Tja. Was würde dann passieren?
Vermutlich würde er sich so lange beschweren, bis er von irgendwem einen Apfel bekommt.. Oder wieder angeschossen wird.

Wir liefen nach draußen und sahen uns etwas um.
Mich interessierte vor allem der Bereich, der sich hinter dem Tor auf der rechten Seite befand.
Einarr, Tahn und Lynx folgten mir und wir erreichten einen Friedhof.

In der Dunkelheit konnten wir zwar kaum etwas erkennen, doch wir versuchten es dennoch.
Einarr lief vor und hockte sich vor ein paar Grabsteine.
Mir war dieser Brauch zwar bekannt, aber ich verstand ihn nicht genau.
Weshalb vergrub man die Toten?
War es nicht viel einfacher und auch respektvoller, sie zu verbrennen?

Ich musste an den Paladin Alistair denken.
Er war da ganz anderer Meinung als ich, doch wir kamen trotzdem ganz gut miteinander klar… Zumindest im Nachhinein.

Ich folgte Einarr.
„Nicht laut lesen, was dort steht.“, wies er mich an.
Ich dachte über seine Worte nach, las dann die Worte auf dem Grabstein vor uns und nickte.
Es waren fremde Worte.
Ich wusste nicht, was dort stand.
Und nun begriff ich auch, warum ich es nicht laut lesen sollte:
Fremde Worte konnten auch Zauber oder gar Flüche sein.
Es war gefährlich, schließlich wollten wir keinen der Toten erwecken…
Es erinnerte mich etwas an die Geschehnisse am Phönixnest.
Auch hier waren die Toten auferstanden, um uns anzugreifen.
Das sollte hier nicht auch passieren.

Wir liefen von Grab zu Grab und sahen uns die Inschriften an.
Auch Tahn untersuchte die Gräber und wir ermahnten ihn, nicht auf die Grabsteine zu treten und besser die Wege zu nutzen.
Leider konnte auch er im Dunkeln kaum etwas erkennen.

Bald kam auch Jespar zu uns. Er trug seine Schaufel bei sich.
Ich hoffte, dass er nichts Dummes tun würde, denn ich wusste, dass viele Menschen es hassten, wenn man Gräber ausheben wollte.
Das war mir auch schon bei der Taverne aufgefallen, die an den Katakomben und dem Turm liegt.
Dort wollten wir auch das Grab der Baroness ausheben, doch die meisten südländischen Menschen waren strikt dagegen gewesen.
Aus welchem Land Jespar kam wusste ich allerdings nicht.

Während ich noch ein paar Grabinschriften zu lesen versuchte, fragte Tahn, wo denn das Kupfer sei.
Er kam auf die Idee, dass das Kupfer als Grabbeigabe unter der Erde sein musste.
Mit dieser Überlegung richtete er sich an Jespar und wollte die Schaufel haben.
„Einarr, wir müssen aufpassen, dass Mann mit Schaufel nicht Grab aushebt.“
Einarr wand sich um und ging auf Tahn zu, der gerade die Schaufel nehmen wollte.
„Jespar, nicht Schaufel geben!“, forderte ich ihn auf.
„Aber er hat Recht.“, gab Jespar zurück. “Wenn, dann haben die das Kupfer in ihren Gräbern:“
„Da, aber was ist letzte Mal passiert? Hat er Ärger mit Geistern gehabt, eh?“, gab ich zu bedenken.
Er sollte es sich am Besten nicht schon wieder mit den Toten versscherzen.
Das Argument verstand nun auch Jespar und so konnten wir ihn davon abhalten, Tahn die Schaufel zu geben.

Wir fanden nichts sonderlich Spannendes.
Lediglich eine Inschrift, die „Magister Ignatius, bleib unten“ besagte, verwirrte uns etwas.
Wieso sollte jemand denn auch nicht „unten“ bleiben?

Wir verließen den Friedhof bald wieder und liefen zurück in Richtung der Burg.
Dort kamen uns zwei hübsch gekleidete Personen entgegen – ein Mann und eine Frau.
Sie sahen so aus, als seien sie adlig.
Wir liefen auf sie zu.
Vielleicht wussten sie etwas über die Gräber.

„Könnt Ihr mir etwas über den Friedhof sagen?“, fragte Lynx dann.
Der Mann lächelte sie an.
„Natürlich, wir können dort gerne gemeinsam hingehen.“, erklärte er.
Es wirkte beinahe freundlich… Aber nur beinahe.
Ich traute der Sache nicht.
„Kann ich mitkommen?“, fragte ich also nach.
Zu zweit waren wir auf jeden Fall sicherer.
Der Mann sollte es wagen, uns zu nah zu kommen.
„Ja, meinetwegen auch zu dritt.“, gab er zurück. Sein Lächeln blieb bestehen.
Das verunsicherte mich.

Ich sah zu Einarr.
„Kommt Ihr auch mit?“
Die Frau wand sich währenddessen an den Mann.
„Schaffst du denn zwei?“, fragte sie.
Ich verstand nicht ganz die Bedeutung ihrer Worte, doch es gefiel mir nicht.
Irgendetwas stimmte hier nicht.

„Nein, also irgendwann ist es doch auch zu viel.“, erwiderte der Mann kopfschüttelnd. „Wir können doch auch nur zu zweit gehen?“
Er lächelte Lynx an und versuchte dabei, irgendwie freundlich und reizend zu wirken…
Doch das tat er nicht.
Ganz im Gegenteil.
Er hatte irgendwas vor. Irgendwas, was nicht gut für Lynx ausgehen würde.
Das verstand sie auch selbst, also lehnten wir dankend ab.
Was für seltsame Leute…

Als wir wieder in Richtung Burghof liefen, trafen wir auf weitere Personen, die sehr hübsch gekleidet waren.
Einer von ihnen war ausgesprochen groß… Nein, gar riesig.
Er trug langes, blondes Haar und war sehr edel angezogen.
Ich betrachtete ihn aus der Ferne.
Wahrscheinlich gehörte er auch zum Adel… Und die mochten es gar nicht, wenn man sie einfach so ansprach.

Tahn aber schien davon gar nichts zu wissen, denn er stellte sich genau vor den Mann und verglich mit der Hand seine Größe mit der des Mannes.
„Boah, ist der groß!“, war seine logische Schlussfolgerung daraus.
„Tahn, komm mit!“, rief ich ihn.
Ich hoffte, dass der Mann es nicht mitbekommen hatte.
Er reagierte nicht darauf, drehte sich nicht einmal um.
Glück gehabt.

Wir liefen den steilen Weg wieder etwas hinab. Diese drei edel gekleideten Adligen waren mir nicht geheuer.
„Geht bloß niemals alleine durch die Gänge.“, warnte Einarr uns.
„Warum?“, fragte ich nach.
Bedrohlicher als jede andere Burg wirkte diese hier auch nicht.
Was war also das Problem?
„Tahn.“, rief Einarr dann. „Geh mal da hinten an die Burgmauer und warte da.“
Tahn sah ihn verwirrt an.
„Warum?“
„Mach das einfach. Bleib da solange stehen, bis wir dich wieder rufen.“, fügte Einarr hinzu.
Es klang fast so, wie Eltern mit kleinen Kindern sprachen.
Tahn wirkte sogar etwas trotzig, tat aber, was ihm gesagt wurde.

Obwohl Tahn außer Hörweite war, flüsterte Einarr.
„Wisst ihr, was Vampire sind?“, fragte er Jespar, Lynx und mich.
Ich schüttelte den Kopf.
Lediglich den Namen hatte ich schon einmal gehört.
„Sind unsterblich, eh?“, hauchte ich.
Das war es, was ich herausfinden wollte.
Unsterblichkeit.
Und irgendwie waren es irgendwelche Untoten.
Ich erinnerte mich daran, dass Conner Akri schon einmal als Vampir bezeichnet hatte.
Allerdings hatte er mir nicht wirklich erklärt, was denn nun ein Vampir ist.
Ich wusste nur, dass es irgendwas mit dieser geheimnisvollen Unsterblichkeit zu tun hatte.

„Ich habe schon Erfahrungen mit Vampiren gemacht…“, erklärte Einarr dann. „Man darf sich nicht mit ihnen allein abgeben.“
„Sind sie böse?“, fragte ich.
„Sie gieren nach…Blut.“, antwortete er.
Ich dachte darüber nach.
Blut?
Etwa Blut von Menschen?
Wieso mochten sie so etwas?
„Also böse.“, wiederholte ich. Das war auf jeden Fall eine Bestätigung.

„Und wieso darf Tahn nicht hören?“, fragte ich dann.
„Weil er sehr gerne laut redet… ohne darüber nachzudenken.“, gab Einarr zurück. Da hatte er Recht. „Es ist vielleicht nicht gut, wenn die Vampire merken, dass wir wissen, was sie sind.“
Ich nickte.
Also besser nicht über Vampire reden.
„Waren diese zwei also auch…?“, fragte ich und deutete in Richtung der Stelle, an der uns die beiden edel gekleideten Personen zum Friedhof begleiten wollten.
„Gut möglich.“, gab Einarr zurück.

Ich sah auf. Tahn hatte sich zu weiteren Personen gesellt, die an einer hölzernen Bank standen.
„Tahn!“, riefen wir ihn und er kam zu uns.

Eine rötlich gekleidete Frau lief uns entgegen.
„Seid gegrüßt. Wir haben das Essen vorbereitet.“
Sie erklärte uns den Weg zum Speisesaal.
„Wir sind eine fahrende Taverne.“, erklärte sie dann sichtlich stolz.
Tahn schien das ziemlich falsch zu verstehen.
„Was?“, fragte er beeindruckt. „Eine fahrende Küche? So richtig auf Rädern?“
Die Frau lachte nur und ging darauf ein.
„Ja, genau. Wir reisen immer von hier nach dort mit unserer Küche.“, fügte sie hinzu.
Jespar wurde aufmerksam.
„Dass dieser Mann da oben Geld einfordert, damit wir Essen dürfen, stimmt also nicht?“, fragte er.
Die Frau dachte kurz darüber nach, dann schüttelte sie den Kopf. „Nicht, dass ich wüsste.“
Dann sah er zu mir und ich nickte. Wir mussten uns unser Kupfer wieder holen.

Doch Tahn hatte ganz andere Ideen.
„Woah. Dann müssen wir schnell essen bevor die Küche wegfährt!“, rief er und lief wieder in Richtung Burg.
Wir folgten ihm.
Vermutlich sollte man ihn ohnehin nicht zu lange alleine lassen.
Am besten überhaupt nicht.

Wir liefen zu unserem Zimmer, um Schüssel und Krug zu holen.
Den Weg zum Speisesaal würden wir hoffentlich ganz einfach finden.
Als wir gerade das Zimmer betreten hatten, klopfte es an der Tür.
„Da?“
Wer konnte das nur sein?

Die Tür öffnete sich und Halfdan trat ein.
„Oh, Anastasya! Da hat man uns wohl das gleiche Zimmer zugeteilt.“
Ich grinste.
Halfdan würde also auch hier schlafen.

Da er die anderen noch gar nicht kannte, stellten sie sich kurz einander vor.
„Wir wollen essen gehen. Kommst du mit?“, fragte ich ihn.
„Ja, das klingt nach einer guten Idee.“

Im oberen Gang trafen wir erneut auf den buckligen Mann, der mir das Tanzen beibringen wollte.
„Hallo. Wie ist Euer Name?“, fragte ich ihn.
„Igor.“, erwiderte er.
Ich nickte.
„Bringt Ihr mir wirklich tanzen bei?“, fragte ich dann.
Wieder grinste er.
„Ja, das kann allerdings ein paar Stunden dauern.“
„Dann ist Ball schon vorbei?“
„Nein, der geht die ganze Nacht.“, erwiderte er.
Ich nickte.
Dann gingen wir zum Speisesaal.

Als wir mit dem Essen fertig waren, liefen wir wieder nach draußen.
Wir sahen uns noch etwas um und waren wieder im Begriff, in Richtung Friedhof zu laufen.
Da kam Igor zu uns.
„Was macht ihr denn noch hier draußen? Da bereiten wir die besten Speisen vor und ihr esst sie nicht?“
Er klang sichtlich beleidigt.
„Wir haben schon gegessen.“, antworteten wir gemeinsam.
„Aber es ist doch schon dunkel. Was wollt ihr denn in der Finsternis noch hier draußen?“, fragte Igor weiter. „Wollt Ihr nicht zum Ball gehen?“
„Können wir denn? Sind wir edel genug gekleidet?“
Igor musterte uns. Einen nach dem anderen.
Es sah fast so aus, als würde er über uns lachen.
Wahrscheinlich sollte das auch unsere Frage beantworten: Wir waren auf jeden Fall nicht edel genug gekleidet.

„Ich habe keine adlige Kleidung.“, warf ich schließlich ein. Das hieß aber nicht, dass ich nicht zum Ball wollte.
„Ihr könnt ja ohne Kleidung gehen.“, schlug Igor vor und grinste.
Ich schüttelte den Kopf.
„Njet. Denke ist keine gute Idee.“

Wir machten uns auf den Weg zurück zu unserem Zimmer.
Dieser Ball interessierte uns.
Es musste doch irgendwie möglich sein, edel genug auszusehen, um dorthin zu dürfen.

Im Zimmer angekommen, zogen wir uns alle um.
Glücklicherweise hatte ich ein grünes Leinenkleid dabei, das ich ab und zu in warmen Tavernen-Zimmern zum Übernachten anzog.
Davon machte ich jetzt Gebrauch.
Es war ein seltsames Gefühl, die ganzen Gürtel, Waffen und Taschen abzulegen und ausschließlich dieses Kleid zu tragen, doch meine Neugier war größer als das Fremdheitsgefühl.

Halfdan bot uns gegen eine kleine Leihgebühr an, Schmuck auszuleihen, mit deren Hilfe wir noch adliger aussehen sollten.
Einarr bezahlte die Leihgebühr sofort und wir bedienten uns.
Es war wirklich komisch, Ringe zu tragen…
Kurz bevor wir gehen wollten streifte Tahn mir noch einen Armreif über.
Auf eine Kette verzichtete ich aber.
Das musste reichen.

Einarr bemängelte kurz die schwarzen Striche in meinem Gesicht, doch ich hatte wahrlich keine Lust, diese noch abzuwaschen, nur, um sie nach dem Ball wieder in mein Gesicht zu malen.
Das war dann doch zu viel des Guten…
Außerdem… Hatte Igor nicht ohnehin von einem Maskenball gesprochen?
Mussten wir dann nicht sowieso eine Maske tragen?

Wir fünf verließen das Zimmer also wieder und begaben uns in Richtung Tanzsaal.
Rechts von der Tür stand ein Tisch, auf dem ein paar Masken verteilt worden waren.
Jeder von uns schnappte sich eine Maske, dann liefen wir geradewegs auf die Tür zum Tanzsaal.
Ich war aufgeregt.
Was würde uns erwarten?
Diese seltsamen Gestalten, die so edel gekleidet waren und die Einarr als „Vampire“ bezeichnet hatte?
Wachen, die uns nicht hereinlassen würden, weil wir nicht edel genug aussahen?
Es fühlte sich komisch an, komplett unbewaffnet zu sein.
Doch was sein musste, musste sein.

Wir betraten den Tanzsaal, Einarr ging voran.
Doch da er einfach weiterging, folgte ich ihm.
Wir hatten wohl keine direkte Gefahr zu befürchten.
Und tatsächlich – als wir in den Tanzsaal hereinkamen, saßen lediglich an einem Tisch drei weitere Personen. Mehr war gar nicht los.
Gut für uns – so konnte uns auch niemand wegen unserer Kleidung behelligen.

Wir nutzten die Zeit, um uns im Raum umzusehen.
Die drei fremden Personen sahen nicht besonders adlig aus, sondern eher wie ein paar Ritter oder Krieger… Hier brauchten wir also auch keine Angst zu haben.

Im Raum standen ein paar Tische und Bänke. Auf den Tischen lagen Masken verteilt.
Einige Kerzenständer sorgten für schummriges Licht.
Vorne stand noch ein Barde, der für die nötige Musik sorgte.
Es war allerdings keine Musik, die man in den normalen Tavernen hörte, sondern etwas langsamer.
Wahrscheinlich sollte sich diese Musik zum Tanzen eignen.

Wir stellten uns nach vorne und sahen uns in der Nähe des Barden etwas um.
Hier waren keine Tische und Bänke, dafür aber umso mehr Platz.
Vermutlich Platz, um zu tanzen.
Tahn begann auf einmal, sich ganz seltsam zu bewegen.
Ich beobachtete ihn dabei.
So etwas hatte ich schon einmal irgendwo gesehen.
„Tanzt du?“, fragte Lynx.
Ja, das sah ganz so aus, als würde er tanzen.
Nur irgendwas war noch nicht ganz richtig.

Es dauerte nicht lange, dann lief er zu Lynx und nahm sie mit in seinen Tanz.
So sah es schon besser aus.
Das war also ein Tanz, den zwei Leute tanzen sollten.
Jetzt ergab es Sinn.
Ich beobachtete die beiden.
Machte das Spaß?
Ich konnte nicht tanzen, aber Lynx sah fast so aus, als hätte sie es auch einmal gelernt.

Tahn ließ sie irgendwann los und kam zu mir.
Wollte er wirklich mit mir tanzen?
Ich folgte seinen Schritten unbeholfen und legte eine Hand auf seine Schulter. Die andere Hand legte er in seine.
Es war seltsam, der Musik folgend zu tanzen… oder was auch immer wir da taten.

Bald ließ er auch von mir ab…
Er wirkte komisch… Wie ausgewechselt.
Fast so, als fiele ihm etwas ein.
Auf einmal rannte er raus.
„Tahn!“, riefen wir, doch er hörte nicht auf uns.
Einarr, Halfdan, Lynx und ich rannten ihm nach.

An der Treppe fanden wir ihn. Er hockte dort und wirkte irgendwie verstört.
Was hatte er nur?
Woran hatte er gedacht?
Hatte das Tanzen ihn erinnert?
Nur woran?
Hatte er wohl mal mit seiner Frau getanzt?
Vielleicht war das in seinen Landen so üblich. Ich wusste es nicht.

„Was ist, Tahn?“
Er antwortete uns nicht.
Er wirkte durch und durch verwirrt – noch verwirrter als sonst.
Dann sprang er auf.
„Ich brauch einen Apfel.“
Er lief zu unserem Zimmer und wir folgten ihm.
Zum Glück hatte ich genug Äpfel gestohlen.
Im Zimmer angekommen kramte er einen Apfel aus seiner Tasche und biss hinein.

Als es ihm etwas besser zu gehen schien, nahmen wir ihn wieder mit zum Ballsaal.
Diesmal standen allerdings zwei Wachleute vor der Tür.
Als wir uns näherten, fragten sie nach einer Parole.
Einarr antwortete etwas, doch ich verstand ihn nicht. Es war mehr ein Flüstern.
Doch es schien zu wirken, denn die Wachmänner ließen uns passieren.

„Woher weißt du Parole?“, fragte ich ihn sofort als wir den Tanzsaal wieder betreten hatten.
„‘Bitte‘ ist die Parole.“, antwortete er.
Das war ja viel zu einfach.

Wir verbrachten etwas Zeit im Ballsaal, sahen uns noch etwas um und setzten uns schließlich auf eine der Holzbänke.
Die Musik des Barden war ganz angenehm, doch irgendwie fühlte ich mich Fehl am Platze.
Viel lieber hätte ich meine Waffen bei mir gehabt.
Was, wenn uns jetzt jemand angriff?
Wenn und jemand überraschte?
Ohne Waffen hatten wir doch kaum eine Möglichkeit, uns zu wehren.
Und außerdem fühlte ich mich einfach unwohl in dem Kleid.
Zum Schlafen war es in Ordnung, aber für alles andere einfach nicht…
Außerdem störten mich meine Haare, die ich für den Anlass des Balls sogar aus dem Zopf gelöst hatte.

Die anderen waren ähnlicher Meinung und so beschlossen wir, uns in unserem Zimmer wieder umzuziehen.
Ich war gerade dabei, meine Haare wieder zusammen zu flechten, als von draußen Kampfschreie ertönten.
Offensichtlich war etwas passiert.
Einarr und Tahn tauschten Blicke aus, dann rannten sie los.
Ich wollte noch meine Waffen anlegen und beeilte mich so, meine Gürtel anzuziehen.
Dann rannte ich gemeinsam mit Halfdan und Lynx ebenfalls raus.
Wir waren uns nicht ganz sicher, woher die Schreie gekommen waren, doch wir würden die Angreifer schon finden.
Bereits in den Fluren zog ich Axt und Schwert – man konnte ja nie wissen.

Wir rannten über den Innenhof der Burg den steilen Weg hinab zum äußeren Hof.
Dort kamen gerade die Verletzten zurück.
Waren die Angreifer etwa schon besiegt?

Überall wurde nach Heilern gerufen.
Heiler… Das war ich ja nicht wirklich. Oder doch?
Ich war mir nicht sicher.
Ich konnte Wunden irgendwie heilen, doch… das war etwas anderes.

Trotzdem wollte ich den Verletzten irgendwie helfen.
„Da. Wie kann ich helfen?“, fragte ich und versuchte, in der Dunkelheit etwas zu erkennen.
Ein paar Verwundete lagen wohl zwischen einer großen und einer kleineren Mauer und so war es doppelt so schwierig, überhaupt zu sehen, wo sie waren.
„Hier liegt eine verletzte Frau. Vermutlich das Bein gebrochen.“, erklärte ein nebenstehender Mann.
Ich kniete mich zu der Frau herunter und konnte das zertrümmerte Knie nur erahnen.
„Wir brauchen Stock zum Richten.“, erklärte ich dem Mann und wollte ihn damit auffordern, Ausschau zu halten.
Er nahm jedoch kaum Notiz davon.

Auf einmal hörte ich hinter mir Jemanden sprechen.
Es war nicht wichtig, wer da sprach.
Es war nur wichtig, was er sprach.
Es ließ mich sofort erstarren.
„Hier liegt Akri.“
Ich wand mich um und versuchte, zu erkennen, wo.
Wer hatte da gesprochen?
Wo sollte Akri liegen?
Was war ihm zugestoßen?
Es musste sehr schlimm gewesen sein, denn normalerweise ließ sich Akri nicht so einfach umhauen.

Ich kniete mich nieder und sah ihn direkt an der Mauer liegen.
Dort erkannte ich auch ein weiteres, mehr oder weniger bekanntes Gesicht: Polly mit ihrem Paddel.
Sie kniete ebenfalls hier, schien aber unverletzt zu sein.
Wahrscheinlich sorgte sie sich ebenfalls um Akri.
Ich fasste an seinen Hals, um den Puls zu erfühlen.
Erleichtert atmete ich aus.
Sein Puls war normal.
Trotzdem war das, was ich sehen konnte, wirklich erschreckend: Er sah komplett zertrümmert aus.
Seine Kleidung war voller Blut und irgendwie sah alles seltsam deformiert aus… Dabei war es doch sein Körper. Knochen, Rippen… Das war gar nicht gut!
Doch ich würde ihm auch kaum helfen können.
Sollte ich ihn wecken?
War das besser?
Ich war mir nicht sicher.
Andererseits sollte er besser auch nicht einfach hier liegen bleiben.

„Akri!“, versuchte ich, ihn zu wecken. Zusätzlich rüttelte ich etwas an seinem Körper.
Er reagierte nicht.
„Hast du Wasser?“, fragte Polly.
Ich schüttelte den Kopf.
„Nicht hier.“
„Hm, ich kann auf ihn pinkeln.“, überlegte sie.
Ich sah schockiert zu ihr. „Das hilft?“
„Ja. So bin ich auch schon mal aufgewacht.“, erwiderte sie, doch es schien sie absolut kalt zu lassen. War es in ihrer Heimat eine gängige Methode, jemanden zu wecken?
Ich konnte es mir nur schwer vorstellen, doch wer wusste schon, was manche Personen für Sitten pflegten?

Sie war aber so freundlich, nicht auf ihn zu pinkeln.
Stattdessen holte sie ihre Wasserflasche und kippte das Wasser in sein Gesicht.

Akri wurde langsam wach und sah zu uns beiden.
„Was ist passiert?“, fragte ich ihn.
„Ahh, mich hat ein Hammer hart erwischt.“, antwortete er. Ich erkannte an seiner Aussprache, dass es wirklich Akri war.
Was hatte der Mann mit dem Hammer nur wieder mit ihm gemacht?
Aber ich war froh… Ich fand es viel einfacher, mit Akri zu sprechen.
„Ist aber nicht gut…“, gab ich zurück.
Er stimmte mir zu. „Ja, aber es heilt schon.“
Dann wand er sich zu Polly.
„Sag Galador, dass sie beschworen sind.“
Polly nickte und lief los.
Beschworen?
Was meinte er nur damit?

Als ich mich zu der Frau umdrehte, der ich helfen wollte, stellte ich fest, dass sie gar nicht mehr da war.
Wahrscheinlich hatte sich in der Zwischenzeit jemand anderes um sie gekümmert.

Nach einer Weile erhob ich mich wieder und auch Akri schien es etwas besser zu gehen, denn auch er stand langsam auf.
Galador gesellte sich auch zu uns und die beiden beschlossen, sich noch einmal in Richtung des Friedhofs zu begeben.

„Wir wissen nicht, was mit Friedhof ist.“, sagte ich zu Einarr, Tahn und Lynx. „Aber er weiß.“
Damit folgte ich den beiden zum Friedhof.
Einarr, Tahn und Lynx folgten mir.
Wieder liefen wir von Grab zu Grab und sahen uns die Inschriften an.
Ich machte Akri vor allem auf das eine Grab aufmerksam, auf dem „Magister Ignatius, bleib unten!“ stand.
Akri merkte jedoch an, dass es sich tatsächlich um normale Gräber handelte.
Hier gab es also nichts Besonderes mehr zu sehen.
Wobei mich interessierte, was in dem Turm war, der sich in der direkten Nähe zum Friedhof befand.
Doch in der Finsternis der Nacht wollte ich es ungern herausfinden…
Was auch immer uns da angegriffen hatte – vielleicht befand sich noch mehr davon in dem Turm.

Also machten wir uns auf den Weg zurück – weg vom Friedhof.
Im Innenhof der Burg setzten wir uns auf ein paar Steine.
Die edel gekleideten Adligen waren immer noch hier und schienen unterhaltsame Gespräche zu führen.
Ich entschied jedoch, sie nicht zu belauschen. Ich hatte Respekt vor ihnen – vor allem vor dem riesengroßen, langhaarigen Mann.

Auf einmal kam Akri auf mich zu und drückte mir den Schädel in die Hand.
„Anastasya, kannst du darauf aufpassen?“, fragte er.
Ich blickte fragend zum Schädel, dann zurück zu Akri.
„Keine Sorge, der schläft.“, fügte Akri hinzu. Ich nickte beruhigt.
„Er hat mich einfach vergessen.“, murrte Akri dann noch.
„Wie vergessen?“
„Er hat mich einfach auf einem Stein liegen lassen.“
„Das ist aber nicht nett.“, erwiderte ich darauf.
Akri nickte.
„Wir schauen uns etwas an. Wir kommen gleich wieder.“, sprach er noch schnell, dann verschwand er mit Galador und Azuna hinter einer Tür der Burg.
Was hatten sie nur vor?
War es nicht gefährlich, einfach so durch die Burg zu laufen?

Ich hielt den Schädel fest in meiner rechten Hand und sah ihn zwischendurch an.
Nichts.
Er schlief also wirklich.
So ein Glück.
Wahrscheinlich mochte er mich nicht einmal…
Da war es wohl besser, wenn er nicht mitbekam, wer ihn da trug.

Plötzlich erklangen ein paar Töne aus der Tür, die direkt vor uns lag.
Es war nicht die Tür, durch die Akri, Galador und Azuna gegangen waren.
Und es klang ganz wie ein Klavier…
Zumindest empfand ich es so.
Verwirrt starrten wir die Tür an.
Wieso spielte jemand hinter der Tür Musik?
Neugierig näherten wir uns der Tür, als sie auf einmal aufging und etwas heraussprang.
Nicht nur ein etwas, sondern direkt zwei davon.
Sie gingen auf uns los.
Was nur?
Untote?
Waren das die gleichen Angreifer wie die Angreifer, die auch Akri erwischt hatten?
Und woher kamen sie überhaupt?

Leider konnte ich nur mit einer Waffe kämpfen, denn in der anderen Hand hielt ich noch immer den Schädel.
Ich wollte ihn ungern liegen lassen, denn ich wusste, dass er dann noch wütender auf mich sein würde… Zumindest wenn er aufwachen würde.
Doch das wollte ich gar nicht erst riskieren.

Mit dem Schwert in der rechten Hand und dem Schädel in der linken Hand folgte ich den anderen Kämpfern, darunter auch Einarr, Lynx, Halfdan und Tahn, die Treppen hinauf.
Wir durchsuchten die Burg systematisch und versuchten, weitere dieser Angreifer ausfindig und unschädlich zu machen.
Vor jeder Tür blieben wir stehen, schlugen sie auf und waren direkt kampfbereit.
Doch nichts.
Die Räume schienen alle soweit sicher zu sein.

Im nächsten Treppenhaus begegnete ich Akri wieder.
„Kann ich Schädel wiedergeben?“, fragte ich.
Er nahm den Schädel wieder an sich und lief weiter – nicht aber in die Richtung, in die wir liefen.

Einarr, Halfdan, Lynx, Tahn und ich bogen bald anders ab als die übrige Gruppe.
Wir wollten die Räume und Gänge durchsuchen, die wir vorher noch nicht gesehen hatten.
Bald liefen wir durch einen dunklen Gang. In der Ferne war durch leichtes Licht ein Raum zu erahnen. Darauf stuerten wir zu.

Als wir den Raum gerade betraten, wurde Tahn auf einmal umgerissen.
Etwas hatte ihn angesprungen.
Einarr rannte sofort hinterher und stürzte sich todesmutig auf das Wesen.
Wahrscheinlich handelte es sich wirklich um Untote.
Wir schafften es, dieses Ding zu besiegen, doch Tahn hatte noch immer eine Klinge im Brustkorb stecken.
Ein sehr gefährlicher Zustand.
„Wir müssen Klinge ziehen.“, erklärte ich und atmete tief durch.
Einen der Verbände hielt ich schon bereit.
Er durfte keinesfalls jetzt und hier sterben… Schließlich mussten wir doch noch seine Frau finden.
Mich interessierte wirklich, was sie uns über Tahn und sein früheres Leben erzählen konnte.
Ich zog die Klinge heraus, reinigte die Wunde mit meinem Metka und drückte den Verband darauf.
Doch Tahn atmete sehr schwer. Im schlimmsten Fall hatte die Klinge seine Lunge getroffen… Dann würde es nicht lange dauern, bis er Blut einatmete und daran sterben würde.
Ich durfte also nicht lange überlegen.
„Wir brauchen Hilfe!“, schrie Tahn und ich kniete mich direkt neben Tahn und nahm meine Runen aus meinem Beutel.

Nach wenigen Augenblicken waren weitere Kämpfer gekommen, die uns unterstützen wollten.
Ich drückte Tahn drei Runen in die Hand und begann dann, seine Verletzung mit den Runen zu heilen.
Mit Isa, der Rune des Eises, ließ ich den gesamten Brustkorb gefrieren. Ich wusste, dass das nur einen Bruchteil von Sekunden anhalten durfte, denn so konnte Tahn nicht wirklich atmen.
Also beeilte ich mich mit Algiz, der Rune des Schutzes. Odin sollte helfen, das Gewebe und vor allem die Lunge unter der Verletzung wieder zusammen wachsen zu lassen, sodass er weiter atmen und leben konnte.
Zum Schluss folgte Laguz, die Rune des Flusses. Ihre Macht sollte dafür sorgen, das Eis wieder tauen zu lassen, damit das Blut in den normalen Bahnen durch seinen Körper strömen konnte.

Ich bemerkte, dass mir die Heilung Kopfschmerzen bereitete.
Also stützte ich mich etwas am Boden ab.
„Nicht kratzen.“, keuchte ich noch leise. Dann brauchte ich einen Moment, um wieder klar sehen zu können.
Tahn nahm die Runen und betrachtete sie.
Dann wollte er anfangen, zu kratzen.
Ich hielt seine Hände fest um ihn davon abzuhalten.
„Wenn du nicht aufhörst, kann ich Hände auch fesseln.“, drohte ich ihm.
Die umstehenden Personen, die für uns Wache hielten, sahen mich seltsam an.
Das war genau der Blick, mit dem sie auch Magier ansahen, denen sie nicht vertrauten.
Doch offensichtlich hatte ich Tahn irgendwie geholfen. Er durfte einfach nur nicht kratzen, das war alles.

Hinter uns brach wieder der Kampf los. Diesmal waren die Angreifer scheinbar von draußen herein gelangt.
Ich hielt weiterhin Tahns Hände fest, während um mich herum unerbittlich gekämpft wurde.
Doch wir waren stärker. Bald hatten wir sie in die Flucht geschlagen, denn sie kamen nicht wieder.

Einarr setzte sich bald neben Tahn und wirkte irgendwie sehr zerstreut.
Er hielt sich seinen Hals etwas und sah so aus, als sei ihm sehr schwindelig.
„Was ist?“, fragte ich ihn sofort.
„Ich weiß nicht.“, gab er zurück.
Vielleicht war es auch zu viel Kampf für ihn?
Vielleicht zu viel Blut?
Ich wusste nicht, woher er kam, doch der weißen Kleidung nach zu urteilen wusste er nicht allzu viel vom Kampf.
Immerhin wusste jeder Kämpfer, dass vor allem weiße Kleidung sehr schnell blutig wurde.
Ich warf einen Seitenblick zu Tahn.
Er war das beste Beispiel dafür, denn auch er trug weiße Kleidung, die jedoch mittlerweile nahezu vollkommen rot und braun war.
Rot vom Blut und Braun von der Erde. Immerhin schlief er auch ständig überall.
Bei dunkler Kleidung fiel das alles wesentlich weniger auf.

Tahn sah die Runen in seiner Hand an.
„Hey… Schau mal.“, rief er mich.
Ich kroch etwas näher zu seiner Hand und sah mir die Runen an, die da drin lagen.
Taiwaz, Gebo und Pertho.
„Guck mal, das sieht aus wie ein Pfeilschuss. Bogen, Pfeil und Ziel.“.
Er zeigte nacheinander auf Pertho, Taiwaz und Gebo.
Ich nickte.
Er hatte Recht.
Es sah wirklich aus wie ein Pfeilschuss, der sein Ziel treffen würde…
Was wollte Odin mir damit nur sagen?

„Sind alle Verletzten versorgt?“, rief irgendwann einer der Krieger und sah sich im Raum um. „Können wir diesen Raum dann wieder verlassen?“
Ich sah zu Tahn. Das Kratzen hatte größtenteils nachgelassen und so konnte er problemlos wieder heraus. Doch er sollte sich dennoch etwas schonen. Ich war mir nicht sicher, wie schnell so eine frisch zugewachsene Wunde sich wieder öffnen konnte. Und um ehrlich zu sein wollte ich das auch gar nicht herausfinden.
Da es schon ziemlich spät war, beschloss Lynx, dass sie gerne schlafen gehen würde.
Wir begleiteten sie durch die dunklen Gänge zurück zu unserem Zimmer.
Als sie im Bett lag, setzten wir unseren Weg fort.

Einarr und ich beschlossen, ein paar weitere Gänge zu erkunden. Wir nahmen Tahn mit, denn so konnten wir ihn auch nicht verlieren.
Für ein bisschen bessere Sicht entzündeten wir noch zwei Kerzen, die wir mitnahmen.
Zu dritt durchsuchten wir also weiter die Burg.
Ein Gang war besonders dunkel, hier schien sich nicht einmal das schwache Licht des Mondes durch die Fenster zu verirren.

Einarr lief vor, ich bildete die Mitte und Tahn lief am Schluss. Er sollte sich immer nach hinten umdrehen, damit wir Bescheid wussten, wenn etwas von der anderen Seite kam.
Ein ungewöhnliches Gefühl von Furcht packte mich, als wir durch die Finsternis liefen.
Die Kerze half kaum und hinter jedem Holzbalken witterte ich Gefahr.
Es war furchtbar.
Mein Herz schlug unglaublich schnell und ich hatte das Gefühl, dass es wesentlich lauter war als die Geräusche, die unsere Füße auf dem Holzboden machten.
Konnten diese bösen Wesen mein Herz schlagen hören?
Wussten sie schon, wo ich war?
Waren das überhaupt meine Schritte, die dort hallten? Oder unsere?
Gehörten sie vielleicht sogar den fremden Wesen, die uns auflauerten?
Und war das eigentlich unser Atem?
Gab es einen Ausweg?

Wir zogen uns aus dem Gang zurück und erreichten bald wieder ein etwas helleres Treppenhaus.
Hier waren immerhin ein paar schwach flackernde Kerzen an den Wänden.
Keine absolute Finsternis. Das war so viel besser als dieser dunkle Gang.

Als wir wieder an dem Gang ankamen, auf dem sich auch unser Zimmer und der Tanzsaal befanden, kamen uns ein paar fremdländische Personen entgegen.
Sie trugen eine Kiste bei sich und kamen direkt auf uns zu.
Was war in dieser Kiste?
Meine Neugier war mal wieder viel zu groß.
Trotzdem ließen wir sie an uns vorbei. Sie steuerten direkt auf den Tanzsaal zu.

Als sie eingetreten waren, folgten wir ihnen.
Doch auch hier schienen diese bösen Wesen gewütet zu haben.
Direkt neben der Tür saß eine verletzte Frau.
Ein paar Schritte weiter an einem Tisch war auch ein verletzter Mann.
Beide sahen fremdländisch aus und schienen zu der gleichen Gruppe zu gehören… Vielleicht sogar eine Familie? Ich war mir nicht sicher.

„Wir brauchen Heiler!“, rief eine andere Frau hysterisch. Sie sah den beiden Verletzten ähnlich. Noch ein Mitglied dieser Familie?
„Was ist denn?“, fragte ich.
Hatten wir hier nicht alle ein ähnliches Problem?
Wieso sollte ich also nicht helfen?
„Die Großcousine ist verletzt!“, erwiderte die aufgebrachte Frau. Sie schien wirklich ängstlich zu sein.
Ich blickte zu der Frau, die als „Großcousine“ bezeichnet wurde.
Sie jedoch deutete auf den verletzten Mann.
„Er ist auch verletzt!“, rief sie aus.
Ich seufzte.
„Wem soll ich erst helfen? Was ist schlimmer?“
„Zuerst die Großcousine!“, rief nun auch der Mann.
Ich nickte und kniete mich zu der Frau.
Sie hatte einen ordentlichen Schwerthieb auf den Oberschenkel bekommen.
„Kann etwas brennen. Muss ich Wunde auswaschen.“, kündigte ich an, zögerte aber nicht lange, sondern kippte sofort Metka in die Wunde.
Ich erwartete schlimmere Schreie, doch es hielt sich noch in Grenzen.

„Habt ihr etwas gegen… Magie?“, fragte ich sie dann.
Eigentlich wollte ich es vermeiden, Odins Macht als „Magie“ abzutun, doch ich wollte jetzt auch keinen Streit über Götter beginnen.
Sie schüttelte den Kopf.
„Nein, wenn es hilft, dann finde ich es gut.“, antwortete sie.
Auch sie schien anders zu reden als die normalen Südländer.
Doch aus meiner Heimat kam sie bestimmt nicht.
Sie trug nicht einmal eine Waffe bei sich.
Ich bat Odin um seine Kraft für Isa, Algiz und Laguz und verheilte so das Bein der Frau.
Dann machte ich ihr klar, dass sie keinesfalls kratzen durfte.
Sie nickte daraufhin und ich kümmerte mich um den Mann.
Allerdings spürte ich schon, wie mir schwindelig wurde.
Ich durfte es nicht übertreiben.

Wieder einmal wollte Odin mir zeigen, dass ich alles andere als allmächtig war.
Nur er hatte die Kraft und nur er würde sie mir gewähren… oder eben nicht.
Ich sah mir die Wunde des Mannes an. Es war zum Glück nur ein Schnitt. Da würde reinigen und verbinden hoffentlich reichen.
Also nahm ich einen Verband aus meiner Tasche, schüttete etwas Metka in die Wunde und verband sein Bein dann.
Er dankte mir ebenfalls und ich lehnte mich nach hinten und schloss die Augen.
Mir war wirklich schwindelig.

Hinter mir vernahm ich ein Stimmengewirr.
Irgendetwas mit einer Kiste und Holz und wichtigen Sachen.
Stritten sie sich?
Ich war mir nicht sicher, aber es war mir auch egal.
Ich wollte mich einfach nur ausruhen, denn alles drehte sich.
Es war so, als hätte ich zu viel Metka getrunken… Nur viel, viel unangenehmer.

Irgendwann kamen Tahn und Einarr zu mir und halfen mir auf. Wir verließen den Tanzsaal wieder.
Es dauerte nicht lange, bis uns Akri entgegen kam.
Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass er ebenfalls im Tanzsaal gewesen war.
„Das war das komischste Ritual, das ich je gesehen habe.“, murmelte er und lief an uns vorbei.
„Was… war denn?“, fragte ich nach. Meine Stimme klang recht schwach und genauso fühlte ich mich auch.
„Gleich.“
Akri lief durch den Gang in ein Zimmer, kam aber bald zurück.

„Das war einfach komisch. Die haben einen Pflock aus der Truhe geholt. Und der war nicht einmal spitz. Also haben sie einfach ein Holz da raus genommen.“, erklärte er dann.
Ich sah ihn verwirrt an.
„Ein Holz?“, wiederholte ich ungläubig.
Das konnte er doch nicht ernst meinen.
„Ich weiß auch nicht, was daran so wichtig ist!“, fügte er dann noch hinzu.
Mit jedem Augenblick, den wir dort standen, ging es mir etwas besser.
Meine Sicht wurde wieder etwas klarer und so folgten wir Galador und Akri nach draußen zum Friedhof.

Wir setzten uns auf ein paar Steine.
Dort angekommen erzählten sie uns, was sie herausgefunden hatten.

Ihren Erkenntnissen zufolge gab es hier zwei verschiedene Gruppen dieser Vampire.
Die einen waren gut-böse und die anderen böse-böse.
Etwas sehr Böses und Grausames lauert irgendwo und die Vampire, die böse-böse sind, wollen dieses böse Wesen befreien oder erwecken.
Die beiden erzählten, dass sie mit einem der gut-bösen Vampire geredet hatten und so alles erfahren hatten, was vor sich geht.
Auch der Pflock, der aus der Kiste geholt wurde, war wichtig.
Denn dieser Pflock sei ein ganz wichtiger Pflock.

Ein Vampir, den sie Levander nannten, wollte diesen Pflock unbedingt haben.
Ich verstand nicht ganz genau, was dieser Pflock groß anrichten sollte, doch es war wohl wichtig, dass wir ihn irgendwie bekamen und den gut-bösen Vampiren überreichten.

„Also, wenn ihr irgendwie an den Pflock herankommen könnt, dann holt ihn euch und bringt ihn zu uns. Wir geben ihn dann an den Vampir weiter.“
„Und was, wenn der Vampir, der ihn haben will, doch böse ist und nur so tut?“, gaben wir zu bedenken.
Die beiden dachten darüber nach.
„Dann gebt den Pflock erst an uns. Wir schauen dann, was wir damit machen.“
Das klang nach einer guten Lösung.
„Wer ist Levander?“, fragte ich dann nach.
Es klang ganz so, als sei er der böseste Vampir der ganzen Burg.
„Er hat einen Hut und weiße Haare.“, versuchte Galador sein Aussehen zu erklären.
Ich überlegte, ob ich ihn hier schon gesehen hatte, doch ich war mir nicht sicher.
Zumindest konnte ich mich an keine Begegnung erinnern.

„Was ist mit Turm?“, fragte ich dann und deutete auf den Turm, der praktisch direkt hinter uns lag.
„Wir haben jemanden das Schloss knacken lassen… Und die Tür ist von innen vernagelt.“, erklärte Akri.
Ich nickte. „Von innen ist gut. Dann will das, was innen ist, nicht, dass wir rein kommen. Anders rum ist schlimmer.“
Sie sahen mich verständnislos an.
„Ist besser, als wenn die von außen nicht wollen, dass das innen nach außen kommt, eh?“
„Wieso sollten wir das überhaupt öffnen?“, fragte Akri dann. „Wieso wollen Menschen immer alles öffnen und herausfinden? Es hat sicher einen Grund, warum es zu ist.“
Ich dachte darüber nach, doch ich konnte seine Ansicht nicht wirklich verstehen.
Dafür war ich einfach viel zu neugierig.
Ich wollte unbedingt wissen, was dort drin war.
Und auch, warum es vernagelt war.
Das musste doch einen Grund haben.

„Wir gehen jetzt auf jeden Fall schlafen.“, erklärten Galador und Akri dann und erhoben sich von den Steinen.

Wir warfen einen Blick in den Himmel.
Es war wirklich schon sehr spät.
Wahrscheinlich würde bald schon die Dämmerung einsetzen.
Der neue Tag brach bald an…
Konnten wir es wagen, schlafen zu gehen?
Was, wenn diese bösen Vampire nachts kamen?
Vielleicht konnten wir uns davor schützen.

„Wir sind die letzten, die wach sind, eh?“, fragte ich.
Wir sahen uns um.
Alles war leer. Niemand lief mehr herum.
„Gehen wir auch zu den Zimmern?“, fragte Einarr dann.
Wir waren uns einig.
Gemeinsam liefen wir zurück.

„Wir sollten Zimmer schützen vor Angriff in Nacht.“, überlegte ich dann.
Im Zimmer angekommen schloss ich die Tür und kramte in der Tasche.
Ich hatte noch ein paar Seile, ein bisschen Metall und Holz.
Daraus konnte man mit Sicherheit eine ordentliche Falle bauen.
Ich bastelte etwas an der Tür herum und knotete schließlich das Seil an die Türklinke.
Wenn nun Jemand die Tür öffnen würde, um hereinzukommen, würde das Holz zusammen mit dem Metall ein lautes Geräusch von sich geben, von dem wir mit Sicherheit wach werden würden.

Ich legte mich direkt zwischen die anderen Betten auf den Boden und rollte mich in meinen Mantel ein.
Die Waffen legte ich direkt neben mich, denn so konnte ich sofort angreifen, wenn ich wach werden würde.

Lynx schlief bereits.
„Mit der Falle fühle ich mich direkt sicherer.“, kommentierte Halfdan und ich grinste. Es freute mich.
Das war zumindest ein Anfang.

Ich schloss die Augen, konnte aber zunächst nicht einschlafen.
Schritte hallten über die Flure.
Ich richtete mich mit Schwert und Axt in den Händen etwas auf.
Wenn Jemand hereinkam, dann würde er nicht weit kommen.
Im Notfall konnte ich die Waffen auch noch werfen.
Hauptsache, wir blieben sicher.
Die Schritte entfernten sich wieder.

‚Ich habe Waffen. Die Falle wird mich wecken. Schlaf… Du musst schlafen.‘, versuchte ich mir einzureden.
Ich dachte nur daran, dachte ans Schlafen und lauschte den tiefen Atemzügen meiner Begleiter.
Sie hatten alles richtig gemacht. Sie schliefen schon.
Doch bald sank auch ich in die Schwärze.

Die Tür fliegt auf. Jemand kommt herein.
Er ist groß, verdammt groß.
Langes, blondes Haar. Er sieht zuerst mich, kommt direkt auf mich zu.
Seine Augen sehen so unnatürlich aus. So böse.
Er nähert sich mir. Ich richte mich auf, richte die Waffe auf ihn, doch er lacht nur über mich.
Dann streckt er seinen Zeigefinger aus und tippt gegen meine Stirn.
Auf seinem Gesicht ist ein breites Grinsen zu sehen.

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