Worum geht es?

Um einen Charakter besser kennenzulernen, muss man sich mit ihm auseinandersetzen.
Eine befreundete LARPerin hat mal gesagt: „Manchmal muss man einfach mal mit seinem Charakter Kaffee trinken gehen.“
Oder eben einfach eine Art „Date“ führen.

Und genau das möchte ich mit diesem Projekt machen. Die Charaktere treffen auf einen Erzähler (beispielsweise in einer Taverne) und quatschen miteinander… Dabei werden vom Erzähler natürlich einige Fragen gestellt.
Für jeden Charakter werde ich einen anderen Block Fragen nutzen, damit es spannend bleibt.

Möchtest auch du, dass ich mit deinem Charakter „einen Kaffee trinke“?
Dann schreib mir einfach!


Nach den letzten ruhigen Wochen führt mich mein Weg heute endlich wieder in die Taverne, um meinen nächsten Gast kennenzulernen.
Ich öffne die Tür, werfe einen Blick auf meinen Fragen-Zettel und halte dann Ausschau nach der Person.

Doch schon beim Treten über die Türschwelle fällt mir auf, dass irgendetwas hier nicht stimmt.
Ich schaue mich um. Die anderen Besucher der Taverne sind viel lauter als sonst… Auch die Musik ist irgendwie anders.

Mit schnellen Schritten gehe ich zu der Ecke, in der der Barde immer steht.
Heute scheint er nicht allein zu sein.
Es ist erstaunlich, wie viele Gäste sich auf einmal für die Musik des Barden interessieren.
Das muss an der Frau liegen, die neben ihm steht. Die Frau…
Ich werfe noch einen Blick auf meinen Zettel, dann betrachte ich die Frau und komme näher. Sie ist viel größer als ich.
Und tatsächlich… Sie ist mein heutiger Gast… Und scheint musikalisch sehr begabt zu sein.

Ich bleibe zwischen den anderen Zuhörern stehen… Verwunderlich, dass die Bewohner dieser Stadt tatsächlich so etwas wie Begeisterung empfinden können.
Die Frau scheint mich bemerkt zu haben, denn sie schaut mich kurz an und zwinkert mir zu, beendet aber nicht das Lied.

Als das Lied vorbei ist, zweifle ich langsam an meinem Verstand… Die anderen Gäste der Taverne klatschen!
Das hätte ich in meinen kühnsten Träumen nicht für möglich gehalten, aber so ist es offenbar.
„Kann es sein, dass Ihr mich sucht?“, fragt die Frau nun und lächelt mich an. Sie beeindruckt mich… Allein schon durch die Tatsache, dass sie die Gäste zum Applaudieren bringen konnte.

Ich grinse sie an.
„Wandervogel, nehme ich an?“, frage ich. „Ich wusste gar nicht, dass sich Leute so sehr für den Barden interessieren… Das muss an Euch liegen.“
Die Angesprochene wirft einen schnellen Blick zum Barden, so, als würde sie das gar nicht glauben.
„Was? Ich hoffe doch, dass sie sich für ihn interessieren. Von irgendwas muss der arme Kerl doch leben.“, sagt sie und klappt ihr Liederbuch zu.
Dann platziert sie die Laute hinter dem Barden, vermutlich, weil sie dort sicher und geschützt steht.
„Und eigentlich sieht er so aus, als lebe er nicht schlecht.“, fügt sie dann noch hinzu und grinst.

„Ich komme durch den Winter, danke.“, kommentiert der Barde nun und streichelt seinen Bauch.
Dann reicht er ihr einen Stapel Kupfermünzen, die er offenbar gerecht durch zwei geteilt hat.
Ich glaube trotzdem, dass er an keinem Tag so viel Kupfer auf einmal gemacht hat.
Wandervogel nimmt die Kupfermünzen entgegen und verstaut sie in einer Tasche, die an ihrem Gürtel hängt.

„Das gefällt mir.“, sage ich, weil ich die Unterhaltung der beiden lustig finde. „Sagt, habt Ihr Zeit, die Fragen auf diesem Zettel zu beantworten?“, frage ich die Frau dann und deute auf meinen Fragen-Zettel.
Für einen kurzen Augenblick habe ich das Gefühl, dem Barden unrecht getan zu haben. Ich werfe ihm einen Blick zu. „Keine Sorge, ich finde Euch gut! Aber die anderen sind sonst nie so begeistert.“

Ich wende mich wieder Wandervogel zu.
„Was wollt Ihr trinken, Wandervogel?“
Ich muss zugeben, dass der Name ein wenig gewöhnungsbedürftig ist. Es klingt eher nach einem Spitznamen… Aber das werde ich noch herausfinden!

„Met, bitte.“, entscheidet sie sich nach kurzem Überlegen. „Den süßen, nicht den herben.“
Sie hakt den hölzernen Kelch von ihrem Gürtel und reicht ihn mir.
Interessant.
Ich nehme den Kelch entgegen.
„Dann hole ich Met.“, sage ich. „Wollen wir uns setzen?“
„Das sollten wir.“, stimmt Wandervogel mir zu. Sie schaut sich um und deutet wenig später auf einen freien Platz in der Nähe des Kamins. „Dort drüben?“
Ich nicke und mache mich dann auf den Weg zum Wirt.

Der Wirt schaut mich grimmig an, aber ich weiß, dass es einfach sein Gesicht ist. Würde er lächeln, würde ich mir Sorgen um ihn machen.
„Einmal Met und einmal Holunderwein, bitte.“, sage ich und stelle ihm die Gefäße hin.
Er nickt wortlos und macht sich an die Arbeit.
Kein Kommentar zu meinem Gast? Dann ist sicherlich auch er begeistert von ihrem Gesang.

Er stellt mir die gefüllten Gefäße hin, ich bedanke mich und gehe zurück zu dem Tisch, an dem Wandervogel sitzt.
Ich stelle die beiden Krüge auf den Tisch und setze mich wieder hin.

„Ich danke Euch.“, sagt Wandervogel, nimmt ihren Kelch entgegen und nippt daran.
Ich lächle. „Sehr gerne.“, erwidere ich und nehme einen großen Schluck Holunderwein… Das habe ich schon vermisst!
„Also… Wollen wir mit den Fragen beginnen?“, frage ich.

„Natürlich“, antwortet sie mir. „Dafür sind wir hier. Also… nur zu.“
Sie schaut mich an und ich versuche, ihre Augenfarbe zu erkennen.
Es gelingt mir. Grün.

Ich werfe einen Blick auf meinen Fragenzettel. Die Frage nach dem Beruf… Eigentlich weiß ich das indirekt schon… Oder?
„Ist es Eure Berufung, Bardin zu sein oder macht Ihr noch etwas anderes, um Geld zu verdienen?“, frage ich sie dann.
So weiß ich zumindest die genaue Antwort.

Mein Gegenüber lacht leise.
„Es ist das, was ich am besten kann.“, antwortet sie. „Gut genug, um meinen Lebensunterhalt davon zu bestreiten.“
Dann legt sie den Kopf schräg und ich kann ihr Ohr sehen, das unter dem Barett hervorschaut. Es ist spitz… Offenbar gehört sie zu den… Elfen oder Elben oder wie auch immer sie sich nennen.
Wobei auch diese Kenderin spitze Ohren hatte… Hmm…

„Nicht nur in Spelunken zu spielen und den Hut aufzuhalten. Ich gebe Tanzunterricht und spiele auf Hochzeiten.“, setzt sie ihre Erklärung fort. „Wenn sich die Gelegenheit bietet, unterrichte ich als Gastdozent an der ein oder anderen Akademie. Ich schreibe Lieder. Auftragsarbeiten sind ziemlich lukrativ.“
Kurz blitzt ein anderer Ausdruck in ihren Augen auf.
„Ich bin auch schon mal dafür bezahlt worden, dass ich Kleidung geflickt habe. Aber wenn ich Geld verdiene, dann meistens mit Musik. Und ja, es ist eine Berufung.

Ich schreibe ihre Antworten fleißig auf. Es wirkt so, als wäre es die perfekte Arbeit für sie.
„Oh, das ist beeindruckend!“, gebe ich zu. „Freut mich sehr, dass Ihr gefunden habt, was Eure Berufung ist und dass Ihr davon leben könnt.“
Ich lächle sie an.
„Musik wird vermutlich überall geliebt, egal wo und wann.“, füge ich noch hinzu.
Dann blicke ich zu meinem Fragenzettel.
„Und wie lange macht Ihr das schon? Wer hat es Euch beigebracht?“, stelle ich die nächste Frage.

„Und mich erst…“, stimmt sie mir zu und zwinkert dabei.
„Wie lange ich schon Musik mache?“
Sie braucht einen Augenblick, um darüber nachzudenken.
„Eigentlich immer. Ich bin beim Volk meiner Mutter aufgewachsen, bei Elben.“
Damit klärt sich die Frage nach ihren Ohren.
„Da kommt man um musikalische Erziehung nicht drumherum. Wann ich festgestellt habe, das ich davon leben kann… darauf hat mich mein Bruder gestoßen, Joaquim. Er war Kämmerer am mirandischen Hof und hat mich dort vorgestellt. Das ist jetzt… ich glaube fünfzehn Jahre her.“, setzt sie ihre Erklärung fort.
Wieder überlegt sie einen Moment und nickt dann, so, als würde sie sich erinnern. „Ja, in etwa. Und wer mich gelehrt hat.. Ich hatte nicht DEN einen Lehrmeister. Das wäre eigentlich der übliche Weg, aber irgendwie hat sich das nicht ergeben. Also stammt meine Grundausbildung von den Elben. Und dann habe ich hier und da dazu gelernt. Ein paar Akkorde von dem einen Barden, ein Lied auf der Flöte von einem anderen. Das tue ich eigentlich immer noch. Immer wieder etwas neues lernen.“
Sie grinst mich an.
„Und bevor man sich versieht platzt das Liederbuch aus allen Nähten und man hat mehr Instrumente als man tragen kann.“

Ich lächle und schreibe weiter das Gesagte auf.
Die Frage nach den Elfen und Elben steht noch aus… Wo liegt der Unterschied?
„Oh, verstehe… Elben also? Das habe ich schon mal gehört.“, sage ich und fasse an meine Ohre. „Ja… Äh… Manche sagen auch Elfen? Oder ist das etwas ganz anderes?“
Ich überlege kurz.
„Das ist im Volk der Elben also ein übliches Talent… Klingt sehr harmonisch… Ich kann so was gar nicht.“, gebe ich zu und spüre, wie das Blut in meinen Kopf steigt. Ich werde schon wieder rot.

„Spitzohren.“, erwidert sie und nickt. „Altes Volk, ja. Die Namensgebung ist ein bisschen uneinheitlich.“, sagt sie und zuckt die Schultern.
„Musik ist zumindest kein unübliches Talent. Und ich kenne einige halbelbischen Barden. Es scheint fast, als fiele uns nichts Besseres ein…“, erklärt sie.
„Was könnt ihr nicht? Ein Instrument spielen? Singen? Aber es gefällt euch und Ihr interessiert Euch dafür?“, fragt sie dann und schaut mich an, als würde sie über etwas nachdenken.
„Es erfordert etwas Zeit, aber man kann das lernen. Wenn man es will. Ein Großteil ist stures üben, immer wieder.“
Sie lächelt.
„Ein Elb, den ich kenne empfiehlt Menschen, die sich über Langeweile beschweren, ein Instrument zu lernen. Er sagt, es beschäftigt Menschen und hält sie davon ab, gefährlichen Blödsinn zu machen.“

„Spitzohren?“, frage ich nach. Das habe ich noch nicht gehört, aber jetzt, wo sie es sagt…
„Ja… Na ja… Stimmt, spitz sind sie schon irgendwie.“, füge ich nachdenklich hinzu. Dumme Bemerkung.
„Oh… Ein Instrument spielen lernen ist also eine gute Beschäftigung für Leute, die sich oft in Gefahr bringen?“, frage ich belustigt. „Ich fürchte, ich selbst habe keine Zeit, das zu üben… Aber… Wie sieht es denn bei Euch aus? Stimmt das mit der Gefahr und den Instrumenten? Bringt Ihr Euch etwa auch öfter in Gefahr oder eher nicht?„, leite ich zu meiner nächsten Frage über und schaue sie erwartungsvoll an.

„Ich glaube, er meinte das eher als Beschäftigung für Leute, die ansonsten Dummheiten begehen. Wie die Beschwörung von Dämonen oder andere schwarzmagische Praktiken. Um die er sich dann kümmern müsste…“, erklärt sie mir. Dann geht sie zur Beantwortung meiner Frage über.
„Ich versuche überdurchschnittlich oft, mich nicht in Gefahr zu bringen“, versichert sie mir und wirkt dabei sehr ernst. Sie meint es wohl wirklich so.
„Zu den Dingen, die ich nicht beherrsche gehören nämlich unter anderem Schwertkampf und das Wirken von Zaubern. Oder andere Fähigkeiten, die es einem erleichtern, sich aus der Gefahr auch wieder heraus zu bringen. Bis auf Laufen. Laufen kann ich glaube ich ganz gut.“
Sie lacht kurz.

„Beschwörung von Dämonen?!“, frage ich und bin schockiert, weil es aus ihrem Mund so klang, als sei es relativ normal.
„Oh, heißt also Ihr kämpft nicht? Verstehe ich…das könnte ich wahrscheinlich auch nicht… Aber geht das? Ist es nicht zu gefährlich in der großen weiten Welt?“, will ich dann noch wissen.
Hieße das also, dass ich auch in der großen weiten Welt überleben könnte?

„Nein, das geht nicht immer“, antwortet sie mir und wirkt auf einmal wieder sehr ernst. „Unsere Welt IST gefährlich. Auch, wenn man die Gefahr nicht sucht findet sie einen. Und dann kommt der Moment, in dem man es mit sich selbst nicht mehr vereinbaren kann, wegzulaufen. Und dann steht man mit nichts als einem Stück Holz in der Hand zwischen jemandem, den man nicht alleine lassen will und jemandem, mit Schwert und Schild und Mordlust.“
Sie verzieht ihr Gesicht. Das ist vermutlich keine besonders schöne Erinnerung. Trotzdem bin ich beeindruckt!

„Hier ist es nicht gefährlich…“, murmle ich und schaue sie an. „Wow…Ihr habt jemandem das Leben gerettet!! Das ist total beeindruckend, wie fühlt sich das an?“, frage ich aufgeregt.
Das ist etwas, was ich unbedingt herausfinden muss! Damit ist sie doch so etwas wie ein Held, oder? Eine wahre Heldin…!

„Nein, hab ich nicht“, sagt sie knapp. Das enttäuscht mich jetzt.
„Es war unüberlegt und wenig effektiv. Gleichwohl war es notwendig. Ich habe keine Möglichkeit gesehen, die Heilerin mitsamt Patienten rechtzeitig vom Kampfplatz zu ziehen. Sie hockte am Boden, er lag… Es fühlte sich ziemlich verzweifelt an. Und wurde dann rasch außerordentlich schmerzhaft.“
Sie wirkt sehr ernst.

Ich schaue sie mit großen Augen an.
„Oh… Oh, das tut mir Leid, ich dachte nur… Das war trotzdem mutig von Euch! Der Freund kann sich glücklich schätzen, Euch zu haben.“
Ich merke, wie ich schon wieder rot werde.
Vielleicht sollte ich das Thema wechseln.
„Aber sagt mal, habt Ihr so etwas wie ein Lieblingstier?“

„Hm.“, erwidert sie und denkt wohl darüber nach. „Ich mag Pferde ganz gerne… Und Seepferde.“ Dabei geht ein Schmunzeln über ihre Lippen.

„Oh, Pferde also?“, wiederhole ich und schreibe ihre Antwort auf. „Könnt Ihr denn auch reiten? Ich meine… Es ist sicher ein gutes Mittel, um von hier nach dort zu kommen, oder?“

„Ja, das ist es. Und ein Pferd zu reiten gehört auch zu den Dingen, die man lernt wenn man bei Elben aufwächst. Aber eigentlich bin ich meistens zu Fuß unterwegs; mit einem Packtier für Instrumente. Wenn ich nicht gerade im Gefolge meines Ritters reise – oder eines anderen wehrhaften Auftraggebers – könnte ich die Art Pferd, die ich reiten will, nicht verteidigen. Es würde ziemlich schnell gestohlen.“, erwidert sie.

Ich schaue sie überrascht an. „Das Pferd wird… Geklaut?!“
Das kann ich gar nicht richtig glauben…!
„Ist Euch das schon mal passiert? Das ist ziemlich ungerecht, oder?“

„Ganz zu Anfang meiner Reisen, ja. Ich war recht unbedarft im Umgang mit Menschen. Nicht alles was geschieht ist gerecht.“, antwortet sie. Das klingt nach einer guten Weisheit, macht mich aber auch traurig. Sollte das Leben nicht gerecht sein?

Ich nicke und werfe einen Blick auf meinen Zettel.
„Hm… Glaubt Ihr denn an eine Gottheit oder vielleicht sogar an mehrere?“
Mir gefällt die Frage mittlerweile, weil ich von beinahe jedem eine andere Antwort bekomme.

„Oh, die ganz schwierigen Fragen, ja?“, seufzt Wandervogel. „Geht es um Glauben oder um Wissen? Ich weiß, daß die Valar existieren. Ob man sie wirklich als Götter bezeichnen kann sei dahingestellt. Ich weiß auch um die Existenz anderer Götter, ich sehe ihre direkten Auswirkungen auf diese Welt. Ich habe ihr Wirken selbst erfahren. Aber das ist vermutlich nicht das, was die Menschen unter ‚Glauben‘ verstehen, oder? Wie also definiert ihr Glauben, da ihr diese Frage stellt?“

Ich schaue sie einen Augenblick nachdenklich an.
Eine wirklich gute Frage… Wie definiere ich Glauben?
„Äh.“, erwidere ich eloquent und brauche noch einen weiteren Moment für meine Antwort. „Keine Ahnung, muss ich sagen. Also normalerweise glauben die meisten an einen Gott oder Götter, die ihre Welt erschaffen haben… Oder so ähnlich.“, sage ich und lache nervös auf. „Das war bisher bei jedem verschieden. Darum stelle ich die Frage auch ganz gerne,

„Eine – mehr oder minder schlüssige – Schöpfungsgeschichte ist noch ein anderes Thema“, antwortet Wandervogel, nickt und nippt noch einmal kurz an ihrem Met.
„Mir gefällt zum Beispiel die Version der Elben sehr gut, dass Eru Iluvatar diese Welt als Komposition ins Sein rief. Als riesiges, unglaublich komplexes Musikstück, das sich bis heute fortsetzt. In dem alles seinen Platz hat, in Harmonie miteinander steht und sich ergänzt. Ich finde das eine sehr schöne Vorstellung. Im Kontrast dazu steht die Schöpfungsgeschichte des aventurischen Zwölfgötterglaubens. Dass die Welt und die Götter aus Sumus Leib hervorgingen. Möglicherweise ist es auch gar kein Kontrast. Vielleicht ist beides wahr, und die Wirklichkeit ist zu komplex, als dass Sterbliche sie begreifen können. Was jetzt die Götter angeht… Die Menschen, die ich kenne, die sich als Gläubige bezeichnen, wissen in der Regel, dass es den entsprechenden Gott gibt. Sie beten zu ihm und erfahren Hilfe, manchmal in ganz konkreter Form, als Heilung oder Schutz. Diese Beziehung fasziniert mich…“, erklärt sie mir ausführlich und ich bin beeindruckt von ihrem Wissen.
Keine der beiden Schöpfungsgeschichten sagt mir etwas, zumindest glaube ich das.
Die Namen der Götter klingen irgendwie immer verschieden und doch ähnlich…
Ich müsste in den vorherigen Geschichten nachlesen, ob jemand schon einmal vom gleichen Glauben gesprochen hat.

„Oh, verstehe…das mit dem Musikstück klingt wirklich schön. Eine hervorragende Geschichte! Aber von der anderen Geschichte habe ich auch noch nichts gehört.. Es scheint wirklich, dass nahezu jede Person einen anderen Glauben hat.“
Ich halte kurz inne und überlege.
„Genau… So ein enges Verhältnis scheinen ein paar Leute auch zu ihren Göttern zu haben… Aber bei weitem auch nicht jeder.“ Ich lächle sie an, werfe dann einen flüchtigen Blick auf meinen Zettel, wo mir ihr Name wieder ins Auge springt.
„Hm… Was ist eigentlich mit Eurem Namen?“, frage ich sie und merke erst danach, wie bescheuert das klingt.
Jetzt wirkt es so, als würde ich mich über ihren Namen lustig machen.
Wieder steigt die Hitze in mein Gesicht.
„Ich meine… Ist das… Ein Spitzname oder… Also ich möchte Euch nicht zu nahe treten, aber es interessiert mich… Ein doch recht ungewöhnlicher Name, muss ich sagen!“, füge ich schnell hinzu. Gerettet? Hoffentlich….

Wieder schmunzelt sie. Ein gutes Zeichen?
„Nein, das ist mein Name. Also die Übersetzung davon. Aiva Ranyande. Die Aussprache ist weich, das ‚R‘ klingt mit leichtem Zungenschlag. Die wenigsten Menschen können ihn sich merken. Oder aussprechen.“, erklärt sie und ich versuche, das Gesagt aufzuschreiben. Nur wie schreibt man das? Ich sollte gar nicht erst versuchen, es auszusprechen, immerhin möchte ich sie nicht beleidigen.

Stattdessen nicke ich.
„Oh, verstehe… Eine Übersetzung Eures richtigen Namens also..“
Ich denke kurz darüber nach.
Das heißt, Ihr habt unsere Sprache lernen müssen? War es schwierig?

„Ja, habe ich. Ich erinnere mich nicht daran, dass ich es schwierig fand. Vielleicht hin und wieder. Die Begeisterung überwog. Und Neugier. Es war eine Möglichkeit, die menschliche Seite zu erforschen. Vielleicht auch meinem Vater näher zu kommen, und sei es nur in Gedanken. Eigentlich betrachte ich es als meinen richtigen Namen. Der Unterschied liegt nur in der Sprache…“, erklärt Wandervogel und schaut mich an.

Ich nicke und schaue sie an.
„Achso…das heißt… Euer Vater ist menschlich oder wie darf ich das verstehen?“
„Ja, das war er“, erwidert sie und nickt. Sie wirkt auf einmal so traurig.
Ich schaue sie mit großen Augen an. Das wollte ich nicht…!
„Verstehe… Tut mir leid, ich wollte nicht…“, sage ich schnell und werfe einen Blick auf meine Fragen. Themenwechsel?
„Und… Äh… Könnt Ihr mir etwas von Eurer Heimat erzählen? Ich meine… Was ist besonders dort?“, frage ich vorsichtig.

„Es muss euch nicht leid tun. Meine Heimat ist Pirmasens“, kommt die Antwort dann etwas fragend. „Es gehört zum Herzogtum Veldenz. Oder zielte Eure Frage auf den Ort, an dem ich aufgewachsen bin? Das ist ein recht großes Waldgebiet an der Grenze der Baronie Identhal in Miranda.“
Ich schaue sie an und kann mit keinem dieser Namen etwas anfangen. Es verwirrt mich etwas… Also in Pirmasens ist sie geboren?

„Hm.. Wie wäre es mit beidem? Was gibt es besonderes… An beiden Orten vielleicht?“, erweitere ich nun die Frage.
Das scheint sie jetzt verwirrt zu haben, denn sie zögert kurz.
„Auch eine Möglichkeit. Warum nicht.“, beginnt sie dann mit ihrer Antwort. „Also, was gibt es besonderes im Elbenwald? Elben. Viele davon. Häuser in den Bäumen und eine Feste unter der Erde. Meine Kinder. Meine Mutter. Sechs Generationen meiner Vorfahren… Licht und Tanz und die Art Pferde, die ich reiten will. Weisheit. Kunstfertigkeit. Geduld und Geschick.“
Sie erzählt und ich sehe ihr an, dass sie diesen Ort sehr gerne mag… Es ist beinahe so, als hätten ihre Augen angefangen zu leuchten.
Doch dieses Leuchten schwindet, als sie weiterspricht.
„Erwartungen, die ich nicht erfüllen kann. Und Magie. Magie und ich kommen nicht gut miteinander zurecht.“ Dann seufzt sie.

„In Pirmasens gibt es Menschen, die ich sehr schätze. In deren Schuld ich stehe. Liebe Freunde. Mein Haus. Drei Mündel – nein, eigentlich nur noch zwei. Eine Druckerpresse, viel Wald und wenig Magie.“, ergänzt sie dann den zweiten Teil ihrer Antwort.

Ich nicke und versuche, das Gesagte aufzuschreiben.
Die Beschreibung dieses Elbenwaldes klingt wirklich schön… Aber warum ist sie dann trotzdem in Pirmasens? Wegen der Magie im Elbenwald? Wegen den Menschen? Ich verstehe es nicht ganz…
„Ihr seid also… Nur wegen der Menschen, die Euch wichtig sind in Pirmasens?“, frage ich zur Sicherheit nochmal nach.
Habe ich das überhaupt richtig ausgesprochen? Ich bin mir nicht sicher.
„Oder gibt es noch einen anderen Grund?“

„Ich bin viel zu selten in Pirmasens“, antwortet Wandervogel mir. „Aber wenn ich da bin, dann ja, aufgrund der Menschen, die mir wichtig sind.“
Sie legt ihre Stirn in Falten.
„Vielleicht muss ich weiter ausholen… Wisst ihr, als Barde wird man von Leuten oft nicht als Person gesehen. Man ist mehr so etwas wie… ein interessantes Ausstellungsstück. Eine Art Möbel, ein… ein Gegenstand, in den Leute Geld stecken und aus dem Musik kommt. Das ist recht einträglich, es kommt aber irgendwann der Zeitpunkt an dem das nicht mehr genügt. Jeder Barde kommt irgendwann an den Punkt, an dem er nicht nur auf die Musik reduziert werden möchte. Ich habe- zu meinem Glück – zwei Gruppen Menschen gefunden in denen das nicht so ist. Vielleicht haben auch sie mich gefunden…“, erklärt Wandervogel mir und lächelt. Sie wirkt glücklick. „Die eine Gruppe ist die Belegschaft im Kafee zum hinckenten Ainhorn. Vielleicht könnte man das meine Wahlfamilie nennen. Die andere sind Herr Arwain und sein Gefolg, die Eichentempler. Arwain Arodon ist der Herr von Pirmasens. Und man könnte sagen“- sie unterbricht kurz und lächelt verschmitzt. „er hat sich mich eingetreten. Er hat meiner Nichte und meinen Großneffen Asyl gewährt, um meinetwillen. Und mir erlaubt, ein Haus herzurichten um sie unterzubringen. Und mich, natürlich. Das sind die Leute, die Pirmasens zur Heimat machen

Ich muss irgendwas durcheinandergebracht haben, denn ich bin etwas verwirrt. Nochmal nachfragen?
„Also… In Pirmasens seid Ihr aufgewachsen, richtig? Aber da seid Ihr nicht mehr so oft, weil Ihr jetzt woanders Zuhause seid? Oder reist Ihr einfach viel um die Welt?“, frage ich und werfe einen Blick zum Barden. Das, was sie gesagt hat, stimmt… Irgendwie.
„Jetzt wo Ihr es sagt… Ich sollte mich auch mal mit dem Barden hier unterhalten.“, gebe ich zu und werde wieder rot. „Ihr habt Recht… Denke ich. Und es freut mich, dass Ihr Gruppen gefunden habt, für die Ihr mehr seid als ’nur‘ eine Bardin…“

„Er würde sich sicher darüber freuen“, sagt Wandervogel. „Nein. Ich bin in einem Waldgebiet an der mirandischen Grenze aufgewachsen“, korrigiert sie mich dann. „Aber es ist schon richtig, dass ich viel unterwegs bin…“

Oh, also habe ich doch etwas durcheinander gebracht. Ich nicke.
„Stimmt. Pirmasens ist die Heimat. Verzeiht… Also auch noch Eure jetzige Heimat, richtig?“
Ja, so muss es stimmen. Aber weiter zur nächsten Frage, bevor ich mich noch weiter selbst verwirre.
„Hm… Und… Gibt es eine Geschichte, die Ihr als Eure Lieblingsgeschichte bezeichnen würdet? Etwas, das Ihr vielleicht gerne erzählt?“

„Eine Lieblingsgeschichte…“, überlegt Wandervogel. „Hm… Ich mag wie gesagt die Schöpfungsgeschichte der Eldar sehr. Oder… Cathairs Geschichte von den explodierenden Ziegen und Brumseln und wie er in voller Rüstung den schlammigen Abhang nicht mehr hochkam.“ Sie grinst und macht mich damit neugierig auf die Geschichte. „Die ist unglaublich skurril und ich bin mir nicht sicher, ob ich sie wirklich verstanden habe. Wahrscheinlich nicht, ich könnte sie mir immer wieder anhören. Aber eine Geschichte, die ich gerne erzähle…“ Wieder legt sie ihre Stirn in Falten und scheint zu überlegen. „Vielleicht die: wie Frau Kladzina einmal einen Wasserschaden hatte.“

Und dann beginnt sie zu erzählen.
„Der Hochkönig der Noldor gab ein Fest auf seiner Burg und lud Menschen und Elben zur Feier. Es gab Festessen und Tanz, Musik und ein Badehaus hatte seine Zelte und Zuber im Hof der Burg aufgeschlagen. Frau Kladzina war in Gesellschaft des Grafen Sieghard von Zarorien, ihres Verlobten, angereist. Und sie liebt es, zu baden. Sie schlich um den Zuber herum, sagte aber, sie werden das Fest verpassen wenn sie jetzt dem Verlangen zu zubern nachgäbe. Und dann wäre seine Majestät gekränkt, was sie ja nicht wollte. Wann immer ich sie sah, war sie dem Zuber ein Stück näher gerückt. Schließlich saß sie drin. Und tat sich schwer damit, wieder heraus zu kommen, auch als der Beginn des Banketts immer näher rückte. Am Ende ließ sie sich Tinte und Papier bringen und schrieb, im Zuber, dem König einen Brief in dem sie ihre Abwesenheit damit entschuldigte, dass sie einen Wasserschaden habe.“

Ich muss lachen. „Oh, das ist eine wundervolle Geschichte!“, sage ich lauter als ich sollte und schreibe schnell alles auf. „Hahaha, das ist wirklich passiert?“
Ich grinse sie an. Mir gefallen solche Geschichten.
„Hm, kennt Ihr noch mehr solcher Geschichten…? Explodierende Ziegen klingen auch vielversprechend…!“ Ich lache weiter, beruhige mich aber irgendwann wieder. Dann werfe ich einen Blick auf meinen Zettel. „Verzeiht… Aber ich mag solche guten Geschichten zu gerne… Ab wir können auch gerne weiter machen mit den Fragen…“

„Ja, das ist eine wahre Geschichte. Ich war dabei“, grinst Wandervogel. „Die mit den Ziegen… die muss ich mir selbst immer erzählen lassen. Aber ich hab noch ein paar aus der Zeit. Damals bin ich mit einer anderen Bardin herumgezogen. Einer Halbzwergin, Wilma. DIE konnte saufen…“ Sie schüttelt den Kopf, aber in ihrem Blick erkenne ich auch Anerkennung dieser Frau gegenüber.
„Wir haben Musik gemacht, in einer Zelttaverne. Irgend ein Markt oder Manöver, ich weiß es nicht mehr. Irgendwann beschwerte sie sich darüber, dass die Barden auf dem Trockenen sitzen. Und ein junger Bursche stellte ihr einen volle Flasche Met vor die Nase. Der Narr. Ich sah ihr Grinsen und dachte noch: ‚Wag es dich!‘ Sie hat die Flasche angesetzt und leer gezogen. Dem Burschen fiel alles aus dem Gesicht. Dann hat sie die Laute genommen und weitergespielt.“

Ich lache weiter und kann mir das Gesicht des Mannes nur zu gut vorstellen. „Oh, die ist auch großartig!“, rufe ich. „Oh… Die Frau würde ich gern mal kennenlernen… Ihr habt wirklich schon viel erlebt!“
Ich lächle sie an. Manchmal wünsche ich mir so etwas auch… Aber was soll man machen?
„Jedenfalls…“, reiße ich mich aus meinen Gedanken. „Hätte ich da noch ein paar Fragen auf der Liste… Zum Beispiel: Wenn Ihr eure Persönlichkeit mit einer Farbe beschreiben müsstet, welche Farbe wäre das?“
Ich schaue sie erwartungsvoll an.

„Hm“, macht Wandervogel. „Diese Frage ist auch wieder sehr offen für Interpretation, oder?“ Mein Gegenüber lächelt. Mir gefällt ihr Lächeln. „Dann werde ich nach den Farben der Drachen gehen. Meine wäre in diesem Fall Silber.“

Aber das Thema mit den Drachen sagt mir etwas…
„Oh, Drachen?“, wiederhole ich und überlege kurz. „Ich habe schon von einigen anderen von Drachen gehört.. Und einem Fest… Die Drachen haben Farben?“, frage ich und überlege weiter. „Verbindet Ihr noch etwas anderes mit der Farbe?“

„Ja, die Drachen haben Farben. Und sie stehen für bestimmte Werte. Der Blaue für Freiheit, Unbeugsamkeit und Lebensfreude. Der Grüne für den Kreislauf des Lebens. Rot für Leidenschaft und Kampf. Grau für Wissen und Weisheit. Und der silberne Drache für Schöpfung und Anfang, Licht, Gnade und gerechten Zorn.“, erklärt Wandervogel mir. „Heraldisch gesehen ist Silber keine Farbe sondern ein Metall… Und als solches Teil des Wappens meines Herren“, überlegt die Frau und schmunzelt dann wieder. „In Silber bezahlt werde ich auch sehr gerne.“

Stimmt, so war das mit den Drachen.
„Oh, verstehe… Interessant!“, erwidere ich und versuche, mir die Merkmale der Drachen aufzuschreiben. Dann lächle ich die Frau an. „Ja… Das mit dem Silber verstehe ich dann auch.“ Ich grinse und werfe wieder einen Blick auf den Fragenzettel. Was kommt als nächstes.
Oh, eine gute Frage.
„Habt Ihr so etwas wie ein Vorbild… Oder einen Helden?“, frage ich sie gespannt.

Der Ausdruck in ihrem Gesicht verändert sich. Sie wirkt irgendwie… Glücklich? Vielleicht auch ein bisschen sehnsüchtig? Ich kann es nicht genau beschreiben.
„Das könnte man vielleicht so formulieren, ja. Held. Vorbild. Moralischer Kompass.“, antwortet sie, nennt mir aber keinen Namen.

Ihre angedeutete Antwort hat mich neugierig gemacht. Ich muss unbedingt mehr darüber erfahren, aber ich möchte nicht aufdringlich sein.
„Oh?“, frage ich deshalb neugierig und schaue sie mit großen Augen an.

Wandervogel erwidert meinen Blick. „Einer der edelsten Männer, die ich kenne“, sagt sie weich. „Als Anführer klug und umsichtig. Seinen Leuten gegenüber fürsorglich. Ein furchtloser Kämpfer und maßvoller Herrscher. Mit hintergründigem Humor und dem Herzen eines Dichters.“
Als sie fertig gesprochen hat, nimmt sie ihren hölzernen Kelch in die Hand und trinkt einen großen Schluck Met.

Ich lächle sie an. Ihre Beschreibung dieser Person beeindruckt mich wirklich. „Oh, das klingt nach einer sehr guten Person… Und interessant. Freut mich.“ Ich überlege kurz.
„Heißt das Ihr seid beeindruckt von ihm oder wäret Ihr tatsächlich gerne genau wie dieser Mann?“

„Zu sein wie er würde mich vermutlich maßlos überfordern“, stellt mein Gegenüber trocken fest. „Wenn auch diese Welt wohl mehr von seiner Sorte vertragen könnte. Oft genug führen sein Rat und auch sein Vorbild mich zu Wegen und Lösungen, die meine eigenen Überlegungen mir nicht aufgezeigt haben

Ich bemerke, wie ein paar Personen wieder in Richtung des Barden laufen und bin somit kurz abgelenkt.
Aber trotzdem hat Wandervogel wirklich weise Worte gesagt. Sie muss wirklich schon viel erlebt haben.
Ich nicke. „Ja, das klingt wirklich nach einer guten Person.“, wiederhole ich das bereits Gesagte. Dann widme ich mich wieder den Fragen auf dem Zettel.
„Gibt es etwas, von dem Ihr hofft, dass es sich niemals ändert?“, frage ich und warte gespannt auf ihre Antwort.

„Etwas, von dem ich hoffe…“, wiederholt Wandervogel und scheint darauf zunächst keine Antwort zu haben.
Dann lacht sie auf einmal. „Elben sind das konservativste Volk auf dieser Welt“, sagt sie. „Sie nach Dingen zu fragen, die sich nicht ändern sollen könnte zu einer sehr lange Antwort führen. Ich hoffe, dass es niemals eine Zeit ohne Sterne geben wird. Oder eine ohne Elben. Ich hoffe, dass es in meinem Leben immer Tanz und Musik geben wird. Und Freunde, mit denen ich dies teilen kann.“

„Oh, also könnte man sagen, dass Ihr allgemein Änderungen nicht gerne mögt?“, frage ich neugierig und schreibe auf. Darüber wusste ich noch gar nichts. „Das ist interessant!“

„Ich nehme an“, sagt Wandervogel noch, „je länger ein Wesen lebt, desto mehr schätzt es die Dinge, die mit ihm die Zeit überdauert haben. Elben können recht alt werden.

Heißt das etwa, dass Elben älter sind als Menschen?
„Oh, wirklich?“, frage ich aufgeregt. „Wie alt denn?“ Ich schaue Wandervogel mit großen Augen an. „Das wusste ich gar nicht!“

„Das ist schwer zu sagen“, antwortet sie langsam. „Elben sterben durch massive Gewalteinwirkung, körperliche oder seelische. Manchmal wird ihnen auch die Last dieser Welt zu schwer und sie …schwinden. Abgesehen davon…“ Sie zuckt die Schultern.

Ich nicke, obwohl ich es noch nicht ganz begriffen habe. Lösen sie sich dann einfach auf? Oder sterben sie nach und nach? Aber ich traue mich nicht, weiter nachzufragen.
„Oh, verstehe…interessant! Das ist bei Menschen ja völlig anders.“
Ich lächle, weil ich eine gute Überleitung zur nächsten Frage gefunden habe. „Wo wir gerade beim Thema sind… Gibt es etwas, dass euch vielleicht speziell an Menschen auffällt oder gar stört?“, frage ich und es interessiert mich wirklich.

Wandervogel muss lachen, aber es klingt für mich nicht abwertend. „Menschen sind ja sehr unterschiedlich“, sagt sie. „Nicht nur die verschiedenen Völker untereinander, auch innerhalb ihrer Kulturen unterscheiden sie sich. Diese Vielfalt und ihre Anpassungsfähig ist erstaunlich. Sie sind leicht zu begeistern und manchmal denken sie einen Weg nicht zuende, den sie im Begriff sind zu nehmen. Dass mich jetzt etwas besonders stört…“, überlegt sie. „Eigentlich nicht. An einzelnen vielleicht. Nicht an Menschen insgesamt.“

„Oh, verstehe… Na, das ist ja eigentlich gut…“, erwidere ich und lache auch kurz auf. „Hätte ja sein können, dass es da irgendwas gibt.“ Dann lächle ich sie wieder an.
Als ich die nächste Frage lese, erstarrt mein Lächeln. Keine besonders positive Frage.
„Gibt es einen Ort, den Ihr am liebsten nie wieder betreten oder sehen wollt?“, frage ich trotzdem.

„Die Falkenwacht, in Aventurien“, antwortet Wandervogel sofort und ihre Miene umwölkt sich. Ich hatte also recht… Es ist keine besonders positive Frage.

„Oh…darf ich fragen, wieso? Ich kenne den Ort nicht.“, frage ich zögerlich weiter. Ich hoffe, dass das richtig war, schließlich will ich ihr nicht zu nahe treten.

„Das ist eine lange Geschichte“, seufzt die Halbelbe. „Voller Dunkelheit, Dämonen und anderem Gelichter. Ich habe zeitweise nicht mehr damit gerechnet, dass irgendwer von uns überleben würde…“

Ich schaue sie mitleidig an und nicke. „Oh, da kann ich verstehen, dass Ihr diesen Ort nicht mehr wiedersehen wollt.“ Dann werfe ich einen Blick auf meinen Zettel, um die nächste Frage zu suchen. „Wie steht Ihr zu Reichtümern und Gütern an sich… Ist so etwas wichtig für Euch?“

„Nunja“, sagt Wandervogel. „Ich habe drei Mündel zu versorgen. Eine davon ist bereits Knappin, die anderen beiden werden es irgendwann werden. Und dann hoffentlich Ritter – die ausgestattet werden wollen. Ich kann also nicht fröhlich pfeifend durch den Wald schlendern und dem schnöden Mammon verächtlich den Rücken kehren. Außerdem schätze ich gutes Essen und mag es, mich gut zu kleiden…“, antwortet sie und ich bin mir nicht sicher, ob ihr die Frage gefallen hat. Nicht, dass sie es mir irgendwie übel nimmt.

Ich nicke schnell. „Natürlich, das verstehe ich.“, erwidere ich.
Wieder werfe ich einen Blick auf meinen Zettel.
„Hm… Wenn Ihr Eurem Leben einen Liedtitel geben würdet, wie würde er wohl lauten?“, frage ich dann und grinse. Ich bin sehr gespannt, wie ihre Antwort auf diese Frage lauten wird.

Die Bardin starrt mich mit großen Augen an und fängt an zu lachen.
„Euer Ernst?“, kichert sie und versucht sich wieder zu fangen.
So eine Reaktion habe ich erwartet und trotzdem spüre ich, wie ich schon wieder rot werde.
„Wandervogels Weise“, verkündet sie dann und wirkt dabei etwas übertrieben.
„Dieses Lied existiert übrigens.“, fügt sie hinzu. „Ein lieber Freund, den ich sehr schätze, sagte einmal man solle sein Leben so leben, dass es zu einer Ballade taugt…“

Ich schaue Wandervogel lächelnd an. „Das ist schön… Ein guter Name!“, erwidere ich und schreibe auf. „Und auch das, was Euer Freund gesagt hat, klingt nach einer guten Weisheit.“
Ich werfe einen prüfenden Blick auf meinen Zettel. Dann lächle ich sie an.
„Nun, das waren alle Fragen von meinem Zettel.“, sage ich. „Vielen Dank für das Gespräch!“

Sie blinzelt mich überrascht an und hebt ihren Kelch. „Ich danke Euch. Das war ein nettes Gespräch.“
Dann grinst sie. „Seltsam, aber nett.“

Wir bleiben noch eine Weile in der Taverne und trinken unsere Getränke aus.
Eine sehr interessante Halbelbin, die ich da treffen durfte!

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