Um einen Charakter besser kennenzulernen, muss man sich mit ihm auseinandersetzen.
Eine befreundete LARPerin hat mal gesagt: „Manchmal muss man einfach mal mit seinem Charakter Kaffee trinken gehen.“
Oder eben einfach eine Art „Date“ führen.

Und genau das möchte ich mit diesem Projekt machen. Die Charaktere treffen auf einen Erzähler (beispielsweise in einem Café) und quatschen miteinander… Dabei werden vom Erzähler natürlich einige Fragen gestellt.
Für jeden Charakter werde ich einen anderen Block Fragen nutzen, damit es spannend bleibt.

Möchtest auch du, dass ich mit deinem Charakter „einen Kaffee trinke“?
Dann schreib mir einfach!

Ein Kaffee mit… Anastasya

Eine rothaarige Frau schaut mich an. Sie wirkt etwas ungeduldig, hat mir aber versprochen, sich Zeit zu nehmen.
Ich hoffe, dass sie sich die Zeit auch wirklich nimmt, denn sie trägt Waffen. Zwingen werde ich sie sicher nicht.

„Hallo Anastasya.“, begrüße ich sie.
„Hallo.“, erwidert sie. Ich bemerke ihren Akzent. Sie kommt wohl von einem Ort östlich von hier.

„Ich habe hier ein paar Fragen für dich, bist du bereit?“, frage ich sie.
„Da.“, erwidert sie und bestätigt damit meine Vermutung. Dann setzt sie sich mir gegenüber.

Sommer oder Winter?„, frage ich.
Sie lacht. „Winter. Ich mag Schnee. In Falkenhain ist immer Schnee.“
Ist das der Ort, aus dem sie kommt? Klingt nicht nach Schnee. Aber wenn sie das sagt.

Ich starre auf den Zettel vor mir, dann zu der Axt an Anastasyas Gürtel.
Warum direkt am Anfang so eine Frage?
Aber es hilft nichts…
Weshalb hast du das letzte Mal geweint?„, frage ich und gehe automatisch in Verteidigungsposition.
Sie starrt mich an und wirkt ungläubig.
„Als ich von Falkenhain aus am Phönixnest angekommen bin. Odins Aufgabe für mich war dort… Und ich habe ihn gefunden.“
Ich verstehe kein Wort.
„Was?“
„Ist das nächste Frage?“, fragt sie.
Und sie hat Recht. Ich seufze. „Nein.“

Welche Farben beschreiben deine Persönlichkeit und weshalb?„, frage ich dann.
Wieder eine von diesen Fragen. Warum nur? Wer hat sich das ausgedacht?
„Rot.“, antwortet sie. Damit habe ich nicht wirklich gerechnet.
„Und weshalb?“, wiederhole ich den letzten Teil meiner Frage.
Sie zögert kurz. „Rote Eier sind Thor geweiht.“
Das war vermutlich nicht die ganze Wahrheit. Aber ich nicke ergeben und frage nicht weiter nach.

„Gut, Anastasya.“, sage ich. „Wärst du ein Tier, welches wärst du dann?
Es kommt mir seltsam vor, einfach nur Fragen zu stellen. Aber sie wirkt ganz so, als wäre ihr das lieber.
„Ein Wolf.“, sagt sie sofort.
Ich hätte auf Falken getippt. Aber ich nicke.
„Odins Wölfe sind heilig.“, fügt sie hinzu und ich bin überrascht. Sie hat tatsächlich ein ‚Warum‘ beantwortet? Von sich aus?

Wieder starre ich auf meinen Zettel.
Die nächste Frage wird sehr unangenehm. Ich hole tief Luft.
Wie viel körperliche Nähe in der Öffentlichkeit sagt dir zu?
„Was?“, fragt sie sofort. Die Frage scheint sie zu verwirren.
„Na… Wie viel körperliche Nähe-„
„Ich weiß was Frage bedeutet.“, unterbricht sie mich. Dann zuckt sie mit den Schultern. „So viel wie… nötig? Möglich? Ich verstehe Problem nicht.“
Sie spricht wirklich seltsam. Aber ich nicke. Das war dann wohl ihre Antwort.

Ich setze die Abarbeitung meiner Liste fort.
Wie oft wäschst du dich und wie lange benötigst du?
„Schwierig.“, erwidert sie. „Dauert lange wenn ich voller Blut bin. Dauert lange, wenn ich verletzt bin.“
„Ist das nicht das Gleiche?“, frage ich.
„Fremdes Blut.“, gibt sie zurück.
Das reicht mir als Antwort. Schnell weiter.

Anastasya, was sind deine liebsten Bücher?„, frage ich, um das Thema zu wechseln.
Kann sie überhaupt lesen? Ich kann es nur hoffen.
„Mein Runenbuch.“, erwidert sie und kramt in ihrer Tasche. „Ist nur ein Buch, aber ist wichtig.“
Sie legt ein Buch im Ledereinband auf den Tisch. Es sieht sehr abgegriffen aus.
Dann blättert sie kurz durch das Buch – wahrscheinlich will sie mir nicht zu viel zeigen.
Doch von den Schriften kann ich kaum eine lesen. Es sieht aus, als wären sämtliche exotische Schriften dort zu finden. Warum auch immer.
Immerhin hat sie meine Frage beantwortet.
„Hübsch.“, sage ich, zeige auf das Buch und blicke dann wieder auf meine Liste.

Endlich eine angenehmere Frage.
„Was ist dein Lieblingsgericht?“
„Hm. Hirsch mit Himbeeren.“, antwortet sie.
Klingt nicht schlecht.
Ich nicke.
Passt ja auch irgendwie zum Norden.

„Hm, Anastasya, wenn du einen Kupferbeutel auf der Straße findest, gibst du ihn ab oder behältst du ihn?“, frage ich sie und warte auf eine Reaktion.
Sie zuckt mit den Schultern.
„Weiß nicht. Ist Kupfer eigentlich nicht so wichtig.“, gibt sie dann zurück. „Wenn hat keinen Besitzer, dann nehme ich. Sonst… Keine Ahnung. Ist reicher Mann?“
„Das war nicht meine Frage. Aber gut. Ja. Ist ein reicher Mann.“, antworte ich etwas verwirrt.
„Reicher Mann hat genug, dann kann ich nehmen. Arme Leute brauchen eher Kupfer.“
Das klingt ja beinahe barmherzig.
Beinahe.

Bei der nächsten Frage glaube ich, die Antwort schon zu kennen. „Bist du religiös?
Sie nickt. Das irritiert mich.
„Da. Haben Götter mir Kraft durch Runen gegeben. Odin ist Göttervater.“, sagt sie dann.
„Odin also?“, frage ich nach, um sicherzugehen.
„Da, aber nicht nur. Gibt viele Götter. Thor, Freya, Frey,… Zu viele.“
Ich bin froh, dass sie nicht alle aufzählt.

Die nächste Frage auf meinem Zettel ist wieder unangenehm.
Ich stelle sie trotzdem.
Sie wird mich schon nicht umbringen.
„Welches war der schlimmste Ort in deinem Leben, den du jemals besucht hattest?“
„Helheim.“, sagt sie sofort. Mehr nicht.
Ich seufze. Wo liegt das nun schon wieder? Auch im Norden?
„Helheim?“, frage ich nach.
„Helheim.“, wiederholt sie.
Na danke, denke ich und starre sie an.
„Wo liegt Helheim?“, frage ich und nun ist sie es, die mich ungläubig anstarrt.
„Helheim ist Ort der Toten. Hel lebt dort und wacht über die Toten. Ist schlechter Ort.“, erklärt sie dann.
„Oh, die Hölle also.“, sage ich und nicke.
Erst dann fällt mir auf, wie absurd das ist.
„Du warst in der Hölle?“, frage ich dann fassungslos.
Sie sieht mich an. Ihr Blick verrät mir, dass ich nicht weiterfragen soll. Dabei nickt sie nur leicht.
Sie war also in der Hölle. So so.

Uff, endlich wieder eine einfache Frage. „Bist du ein Frühaufsteher und ein Morgenmensch?“
Sie nickt.
„Da. Aufstehen wenn es hell ist. Habe mal etwas getrunken, das wach gemacht hat.“, erwidert sie.
„Aha? Kaffee?“, frage ich. Sie wirkt so, als wäre es besonders. Wobei… ihrer Kleidung nach zu urteilen dürfte sie das nicht kennen.
„Ah, da, kann sein.“, gibt sie zurück. „Habe ich in einer Hütte in Wüste getrunken.“
Ich dachte sie kommt aus dem Norden.
„Wüste in Norden?!“, frage ich also nochmal nach.
„Njet!“, widerspricht sie sofort.
„Du warst in einer Wüste?“, korrigiere ich mich schnell. Dann war sie wirklich lange unterwegs.
„Njet…Da.. Also… Irgendwie.“, lautet ihre kryptische Antwort.
Ich seufze und schüttle den Kopf.
Sie ist wirklich komisch.

„Gut, Anastasya, was ist deine Lebensphilosophie?“, versuche ich das Thema zu wechseln. Vielleicht bekomme ich darauf ja eine ordentliche Antwort.
„Odin.“, gibt sie zurück.
Fehlanzeige.
„Wie, Odin?“, frage ich nach.
„Odin bestimmt Schicksal. Ich bin Kriegerin Odins, ich folge Wille von Odin.“, erklärt sie dann.
„Aha.“, lautet meine eloquente Erwiderung darauf. Sie macht mich wirklich beinahe sprachlos.

Ich wette, dass ich auf die nächste Antwort auch keine ordentliche Antwort bekomme. „In welcher Situation bist du froh darüber gewesen, dass du gelogen hast?“
Ich verliere die Wette.
„Ist lange Geschichte.“, antwortet sie. „Aber kurz gesagt bin ich froh, Hauptmann angelogen zu haben, dass Tahn in seine Dienste gehen wird für ein Jahr. So hat Tahn überlebt und wir konnten abhauen.“
„Wer ist Tahn?“, frage ich nun.
„Längere Geschichte.“, sagt sie nur und grinst. „Tahn ist Odins Aufgabe für mich.“
Ich beschließe, nicht weiter nachzuhaken.

„Bist du introvertiert oder extrovertiert?„, frage ich sie dann.
„Sag du es mir doch.“. Sie streckt mir die Zunge raus. Na toll.
„Letzteres.“, gebe ich zurück – der Vollständigkeit halber.
Sie zuckt mit den Schultern.

„Was verstehst du unter „romantisch“?“
Sie wird die Frage nicht verstehen. Da bin ich mir sicher.
Ich starre sie an. Ein bisschen neugierig bin ich schon.
„Rosen, da?“, erwidert sie fragend. „Frauen haben mir Rosen geschenkt. War sicherlich romantisch.“
„Frauen?“. Ich schaue sie irritiert an.
Sie grinst.
Ich seufze und nicke.
„Na gut… Also… Weiter?“
Ich verstehe diese Frau einfach nicht.
Vielleicht wird sich das noch ändern… Vielleicht.

„Siehst du deinen Eltern oder deinen Geschwistern ähnlich?“, frage ich sie. Hoffentlich leben ihre Eltern und Geschwister noch. Sonst wäre das wieder ein riesengroßes Fettnäpfchen.
Aber sie nickt.
Glück gehabt.
„Da. Haben Eltern auch rote Haare. Geschwister auch. Aber Papa hat mehr rote Haare als Mama.“, antwortet sie.
„Mehr Haare oder Haare die mehr rot sind?“, frage ich nach.
„Mehr rot.“, lautet ihre Antwort. So so. Eine komplett rothaarige Familie also.

„Lebst du lieber auf dem Land oder inmitten einer Stadt?“, frage ich und freue mich schon. Jetzt werden wir nämlich endlich erfahren, was dieses „Falkenhain“ genau ist. Dorf oder Stadt.
„In Dorf.“, erwidert sie ohne zu zögern. „Haben wir große Stadt nebenan – Bärenfels – aber ist Dorf immer schöner.“
„Wie viele Menschen wohnen denn in Falkenhain?“, frage ich weiter. Das interessiert mich wirklich.
Sie überlegt.
„Ich glaube es sind neun. Ich rechne mich nicht mit.“
Das sind aber nicht gerade viele, denke ich und werfe wieder einen Blick auf meinen Zettel. Könnte noch spannend werden.

„Glaubst du, dass Geld glücklich macht?“. So lautet die nächste Frage, die ich ihr stelle.
Sie schüttelt den Kopf.
„Leute mit viel Geld werden oft komisch.“, sagt sie und legt den Kopf schräg. „Vergessen dann schnell, dass Geld sie nur bedingt vor Monstern schützt.“
Ein seltsames Argument.
„Nur bedingt?“, frage ich nach.
Sie nickt.
„Wenn du Arsch bist, beschützt dich auch für Geld keiner.“
Ich nicke.
Klingt logisch.

Gut, dann weiter. Die Welt wäre besser, wenn…?„, frage ich und finde die Frage selbst komisch.
Aber vielleicht weiß sie ja eine Antwort.
„Wäre besser ohne Lokis Kinder.“, antwortet sie.
„Lokis Kinder?“
„Da. Ohne Hel – Herrin von Unterwelt – und ohne Fenris – Wolf, der Sonne verschlingen wird.“, erklärt sie mir, aber ich verstehe nicht ganz.
„Loki hat ein Wolf als Kind?“
„Da. Riesengroß.“
Die spinnen doch, diese Nordleute.

„Sahst du als Kind ähnlich aus wie jetzt?“, frage ich und denke selbst mal über die Frage nach. Wie dämlich. ‚Ähnlich‘ ist ja überhaupt nicht messbar.
„Da. Denke schon.“, erwidert sie. „Hatte ich auch rote Haare. Hatte ich auch… Augen?“
Da wirkt sie etwas verwirrt.
Ihre Augen sind grün-braun. Zumindest so ungefähr. Warum verwirrt sie da?
„Jedenfalls.“, sagt sie. „Sah ich auch als Kind so aus.“
Sie will das Thema wechseln, das merke ich.
Hat sie das so verwirrt?

Was treibst du an deinen Wochenenden?“, lautet meine nächste Frage. Es interessiert mich wirklich. Obwohl mich natürlich ihr „Alltag“ mehr interessieren würde. Ich kann es mir nicht vorstellen. Aber vielleicht werde ich es ja erfahren.
„Was heißt Wochenende?“, gibt sie zurück. „Ist wie jeder andere Tag auch. Wenn es nötig ist, kämpfe ich für Odin. Und wenn es sein muss sterbe ich für Odin. Ist egal ob es Wochenende ist oder normaler Tag.“
Die Antwort hilft mir nicht wirklich, aber ich weiß jetzt, dass sie keinen wirklichen Alltag hat.
Oder ist gerade das ihr Alltag?
Sie schaut mich an und scheint zu verstehen, dass mich ihre Antwort nicht zufrieden stellt.
„Bin ich Jägerin.“, sagt sie. „Habe ich bei meinen Eltern gelebt und habe Holz gehackt und gejagt. Jetzt jage ich.“
Ich schiele auf ihre Axt.
Sie zögert.
„Da. Mit Axt kann man auch Köpfe hacken.“
Na toll.

Die nächste Frage bereitet mir Unbehagen. Ich selbst wüsste nicht, was ich darauf antworten soll. Aber ich stelle sie trotzdem. „Was war die schlimmste Phase in deinem Leben?“
Sie sieht mich an. Am Anfang unseres Gesprächs hätte ich mich gehütet, diese Frage zu stellen.
Aber eigentlich ist diese Frau nicht so aggressiv, wie ich befürchtet hatte.
„Vor einigen Wochen.“, beginnt sie. „Habe ich geträumt, dass meine Eltern getötet werden. War furchtbar. Ich war verletzt und bin weit gelaufen um nach Falkenhain zu kommen. Wäre unterwegs fast gestorben. Das war schlimmste Phase.“
Ich schlucke schwer.
Das klingt wirklich schlimm.
Aber es macht mich dummerweise auch neugierig.
„Und? Wie ist es ausgegangen?“, frage ich.
„Sie leben.“, gibt sie zurück. „Sonst stimmen Träume fast immer. Diesmal zum Glück nicht.“
Sie wirkt erleichtert.
Ich merke, dass auch ich angespannt war.

Die nächste Frage wirkt angenehmer: „Was war der glücklichste Moment in deinem Leben?“
Sie zuckt mit den Schultern.
Dann lächelt sie.
Zuerst glaube ich, falsch geschaut zu haben. Doch tatsächlich. Sie lächelt.
„Als ich zurück nach Falkenhain bin und meine Eltern lebten.“, gibt sie zurück.
Klingt logisch.
Da hätte ich auch drauf kommen können.

Ich schaue runter auf meinen Zettel und suche nach der nächsten Frage. Als ich sie lese erröte ich sofort. Ich bin für solche Fragen nicht gemacht.
Innerlich fluche ich, stelle die Frage aber trotzdem. Muss ich ja. „Schaust du dir gerne Bilder von nackten Frauen oder Männern an?“
Sie grinst.
Ich kann dieses Grinsen nicht deuten und hoffe, dass sie noch etwas antwortet.
Als sie mit Grinsen fertig ist, sagt sie „Da.“
Mehr nicht.
Ich starre sie an.
„Wie ‚da‘?“, frage ich empört.
Jetzt habe ich diese Frage schon vorgelesen und sie gibt mir keine vernünftige Antwort?
„Frage hieß ‚Schaust du gerne Bilder von nackten Frauen oder Männern?‘ und ich habe gesagt ‚Da‘. Warum ist falsch?“
Ich seufze.
Technisch gesehen hat sie ja recht.
Aber ich gebe mich damit nicht zufrieden.
„Beides?“, frage ich deswegen.
„Da. Ist beides schön. Weißt du, haben wir gutes Bordell in Bärenfels.“, fängt sie an zu erzählen.
„Ah. Verstehe.“, sage ich und schaue wieder auf den Zettel. Ich will mit der nächsten Frage weitermachen.

„Glaubst du an Schicksal?“, lautet die nächste Frage. „Da.“, antwortet Anastasya. „Gibt drei Nornen, die Schicksal weben.“
Ich schaue sie verständnislos an.
Was zur Hölle sind denn jetzt schon wieder Nornen?
„Ah? Nornen?“, frage ich.
„Nornen.“, erwidert sie. Nicht besonders hilfreich.
Das bemerkt sie auch.
„Urd, Verdandi und Skuld.“, fügt sie also hinzu. „Sie wohnen an Wurzel von Yggdrasil und lenken von dort aus Schicksal.“
Je mehr sie versucht zu erklären, desto weniger verstehe ich.
Seufzend gehe ich also zur nächsten Frage über.
Ich habe längst aufgegeben, alles zu verstehen.

„Planst du dein Leben oder bist du lieber spontan?“, frage ich sie.
„Wenn, dann plant Odin leben. Ich lebe einfach und folge seinem Willen.“, antwortet sie.
Ich nicke.
Sie scheint ihrem Gott sehr ergeben zu sein.
„Woher weißt du, was Odins Plan ist?“
„Ich kann zu ihm beten, dann sagt oder zeigt er mir.“, erklärt sie und lächelt dann plötzlich. „Odin wird alle Diener nach Walhalla bringen.“
Was war das nun schon wieder?

„Findest du, dass das Leben gerecht ist?“, fahre ich fort. Es sind nicht mehr viele Fragen und einerseits erfreut mich das, andererseits…weiß ich nicht genau, was ich davon halten soll. Irgendwie mag ich sie.
„Odin ist gerecht, also macht er auch Leben gerecht.“, sagt sie. Es ist selbstverständlich für sie. Ihren Glauben würde ich niemals anzweifeln wollen.

Die nächste Frage finde ich wieder sehr interessant: „Nehmen wir an, du lebst alleine auf einer Insel. Welche fünf Dinge würdest du auf diese mitnehmen?“
Sie überlegt kurz und schaut an sich herab.
„Axt, Metka, Bärenfalle, Bogen, Pfeile.“, antwortet sie knapp.
Sie muss es nicht erklären.
Aber eine Frage habe ich dennoch.
„Metka?“
Sie nickt und hält mir eine Flasche hin.
Ich blicke sie zweifelnd an.
Warum sollte sie mich vergiften?
Ich bin mir unsicher.
Weiß ich zu viel über sie?
Sie bemerkt, dass ich zögere und verdreht die Augen. Dann nimmt sie mir die Flasche weg, trinkt einen kräftigen Schluck und gibt sie mir wieder.
Das war dann wohl der Beweis.
Gut. Ich nehme die Flasche und trinke auch einen Schluck.
Es brennt… und schmeckt nach Honig.
Ich huste. Es ist stark, aber auch ein bisschen lecker.
Ich gebe ihr die Flasche wieder.

Meine Kehle brennt noch ein bisschen, deswegen versagt meine Stimme bei der nächsten Frage etwas. „Vermeidest du den Konflikt und schmollst oder nimmst du lieber einen Streit in Kauf?“
„Ich nehme Streit in Kauf. Wenn ich Recht habe, habe ich Recht. Sonst würde ich zugeben, dass ich falsch liege.“, erwidert sie. „Streit mit Waffen ist zwar oft sinnlos, aber wenn es keine Möglichkeit gibt…“ Ich nicke.
Klingt irgendwie plausibel.
Und das erschreckt mich ein bisschen.

„Bist du nach etwas süchtig?“, frage ich sie dann.
Diese Frage ist ziemlich dämlich. Was für eine Antwort soll man hier schon erwarten?
„Njet.“, sagt sie. So, wie ich es mir gedacht habe. Wer würde das auch schon offen zugeben? „Wenn dann Metka.“, fügt sie hinzu und lacht.
Selbst ihr Lachen hat einen Akzent. Das finde ich lustig und lache mit.

Als wir fertig mit Lachen sind, gehe ich zur nächsten Frage über: „Bist du eher optimistisch oder pessimistisch?“
„Wird alles gut wenn Odin da ist.“
Also optimistisch, denke ich und grinse etwas.
Vielleicht sogar ein bisschen naiv. Aber das sage ich ihr nicht.

„Was isst du am liebsten zum Frühstück?“, frage ich dann. Dabei frage ich mich zusätzlich, ob sie so etwas wie Frühstück überhaupt kennt und macht. Vielleicht isst sie auch einfach immer dann, wenn etwas da ist.
„Beeren und Fleisch. Apfel ist aber auch lecker.“, erwidert sie zu meiner Überraschung. Sie kennt es also wirklich.
Sofort stelle ich mir vor, zum Frühstück ein großes Stück Fleisch zu essen. Mir gefällt der Gedanke nicht gerade. Aber wenn es ihr schmeckt…Warum nicht?

Die letzten beiden Fragen. Ich bin gespannt.
„Du weißt in einem Streit, dass du im Recht bist. Bestehst du darauf oder lässt du davon ab, um die Situation zu entschärfen?“
Irgendwie kommt es mir vor, als hätte ich so eine ähnliche Frage schon gestellt.
Das hat sie auch bemerkt, denn ihr Blick zeigt kurz ein bisschen Verwirrung.
„Hatten wir doch schon? Ich habe Recht also sollen sie auch wissen, dass ich recht habe.“, erwidert sie knapp.
Sie scheint auch keine große Lust mehr auf dieses Frage-Antwort Spiel zu haben. Vor allem nicht, wenn sich Fragen zu wiederholen scheinen.

„Nur noch eine Frage, Anastasya.“, kündige ich das baldige Ende dieses Treffens an. „Was war das schlimmste Geschenk, welches du jemals bekommen hast?“
Sie schaut mich an und überlegt kurz.
Dann nickt sie.
„Schwarzes Tuch zum Tränen abwischen, das für „edle Damen“ gedacht ist.“, antwortet sie und lacht. Ihr Lachen wirkt auf mich etwas abfällig.
„Haha.“, gebe ich unsicher zurück.
Dass sie keine edle Dame ist, sehe ich.
Aber ich frage mich, wer auf so eine Idee kam.
Danach frage ich sie aber nicht.

Irgendwie bin ich ganz froh, dass wir mit unseren Fragen durch sind.
„Gut, Anastasya. Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast. Viel Erfolg… für die nächsten… Kämpfe?“
Schon wieder werde ich rot.
Ich weiß einfach nicht, wie ich mich anständig verabschieden soll.
Aber das scheint Anastasya nicht zu stören.
„Da. Leb in Odins Wille, dann wird dir nichts passieren.“, sagt sie zu mir und ich weiß nicht, ob das provokant oder nett wirken soll.
Dann erhebt sie sich und geht.
Ich schaue ihr nach.
Interessante und seltsame Frau.
Ich weiß nicht, was von beidem überwiegt.

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